Sauver les garçons
[EstRepublicain, 20/04/2010]
Les garçons rencontrent davantage de difficultés scolaires que les filles. Un spécialiste jette un pavé dans la mare.
La croyance populaire n'est parfois pas loin de la vérité : les filles, dit-on, sont plus sérieuses, plus travailleuses, que les garçons. C'est vrai. « Moins précoces et moins diplômés, les garçons sont devenus en quelques décennies le sexe faible de l'école », écrit dans un livre-choc Jean-Louis Auduc. C'est un expert du monde scolaire. Agrégé d'histoire, directeur adjoint de l'IUFM de Créteil, il poursuit des recherches sur l'enseignement aux publics difficiles, les relations parents-enseignants et les évolutions du système éducatif. Il a été longtemps l'un des cadres du SNES.
Son livre, intitulé « Sauvons les garçons ! » ne fait qu'une centaine de pages. Mais elles sont denses et ravageuses. Elles font mouche, à tel point que Jean-Louis Auduc passe maintenant sa vie dans les trains pour se déplacer d'une ville à l'autre, sollicité par des associations de parents, des mouvements pédagogiques, des enseignants pour expliquer comment il est parvenu à faire éclater ce qui était un véritable tabou dans l'Éducation nationale.
Statistiques sexuées
« Je travaille sur l'échec scolaire. Mon premier souci est de donner une identité à l'élève en difficulté de lecture. Sur les 15 % en très grande difficulté, on trouve un garçon sur cinq, mais seulement une fille sur vingt-cinq », relève Jean-Louis Auduc. « Et parmi les bons lecteurs, 71 % sont des filles, 59 % des garçons », ajoute-t-il.
« Sur 150.000 jeunes qui sortent sans diplôme du système éducatif, 120.000 sont des garçons. L'échec scolaire masculin est massif », insiste Jean-Louis Auduc. « D'où la nécessité de statistiques sexuées. On est resté trop souvent à l'Éducation nationale au niveau des anges. Ces données sexuées sont à conjuguer avec celles portant sur l'origine sociale. Les garçons de milieu populaire sont davantage pénalisés que les autres. »
Comment expliquer le décalage des performances entre les filles et les garçons ? « C'est le problème de l'entrée dans les études », répond Jean-Louis Auduc. « Les filles y entrent plus vite. Elles sont plus habituées que les garçons à la notion de travail. À la maison, la mère va s'occuper de la fille, la fille va accomplir des tâches ménagères. Le retard des garçons est très net en cours préparatoire, classe fondamentale pour la lecture. 20 % des garçons y rencontrent d'énormes difficultés, mais seulement à peine 4 % des filles. »
La non-mixité constituerait-elle alors une des pistes pour remédier au handicap des garçons ? « Il ne faut pas renoncer à la mixité, c'est une bonne chose, mais peut-être faut-il imaginer des moments différenciés dans la scolarité, en sport, dans certains enseignements, pourquoi pas en lecture », avance Jean-Louis Auduc. Le débat sur « la Journée de la Jupe » est relancé.
"Nicht länger Machos sein müssen" - Das Grüne Männermanifest
11.04.2010: Einige grüne Abgeordnete und Funktionäre (darunter auch GJ Sprecher Max Löffler) haben ein grünes Männermanifest veröffentlicht. Sie fordern die Gleichberechtigung der Geschlechter und ein neues Rollenbild für den Mann.
Eine Frau ist Bundeskanzlerin. Frauen machen die besseren Bildungsabschlüsse, können Bischöfin werden, mischen in Rap und Hip-Hop mit und sind im Fußball international erfolgreicher als ihre männlichen Kollegen. Gleiche Rechte in Deutschland anno 2010? Ist Alice im Wunderland angekommen?
Mitnichten. Wir Männer sehen, dass unsere Gesellschaft noch immer von einem tief sitzenden Geist der geschlechtlichen Polarität durchflutet ist, der Frauen auf Weiblichkeit und Männer auf Männlichkeit reduziert. Damit muss endlich Schluss sein. Wir wollen nicht länger Machos sein müssen, wir wollen Menschen sein!
Man wird nicht als Mann geboren, man wird dazu gemacht.
Bedeutende Frauen wie Olympe de Gouges, Louise Otto-Peters, Simone de Beauvoir und die Frauenbewegungen im 20. Jahrhundert waren Pionierinnen für Gleichberechtigung und Feminismus. Einen Makel haben einige feministische Diskurse aber leider gerade in Deutschland bis heute: Männer spielen in ihm nur selten eine Rolle. Dabei ist wirkliche Gleichberechtigung, sind gleiche Rechte und gleiche Pflichten nur mit den Männern zu erreichen – nicht gegen sie. Frauen haben durch den Feminismus ihre Möglichkeiten erweitert, Männern steht dieser Schritt noch bevor.
Das Diktum des sozialen Geschlechtes, des Rollenzwangs und der festgelegten Verhaltensmuster gilt nämlich ebenso für Männer. Weil diese davon aber materiell und sozial immer profitiert haben, wurde erst in jüngerer Zeit zum Thema, dass Geschlechterrollen auch für Männer ein Korsett sind, das ihnen mehr schadet als nützt.
Nach dem Selbstmord von Nationaltorhüter Robert Enke ging eine Debatte über die Gesundheit von Männern, über Schwäche und Depressionen, über Versagensängste durch die Republik – endlich! Wir fragen uns jedoch: Sind die Männer, die öffentlich trauerten und weinten, aber nicht auch diejenigen, die eine Woche später in den Stadien und Fankneipen einen Fußballer als Schwuchtel beschimpfen würden, wenn er sich als homosexuell outet? Oder als Weichei, wenn er ein Jahr Babypause nimmt und seine Frau für den Lebensunterhalt sorgen lässt?
Wir brauchen ein neues Bewusstsein für eine neue Männlichkeit. Wir als männliche Feministen sagen: Männer, gebt Macht ab! – es lohnt sich.
Wir wollen Neue Werte – Neue Arbeit – Neue Perspektiven!
Die Krise ist männlich. Klimakrise, Finanz- und Wirtschaftskrise, Hunger- und Gerechtigkeitskrise, all dies sind direkte Folgen einer vor allem „männlichen“ Lebens-, Arbeits- und Wirtschaftsweise, die unseren Planeten an den Rand des Ruins getrieben hat. Entfesselter Wachstum und ungehemmter Profit müssen ein Ende haben. Wir wollen anders leben!
Wir wollen entlang von Werten leben und arbeiten, die auf Wertschöpfung, Gemeinwohlorientierung, individueller Freiheit, Nachhaltigkeit und Entschleunigung basieren. Dazu müssen politische Weichen gestellt werden. Neue Zeitmodelle in den Unternehmen müssen es Männern ermöglichen, ihre Wochen- und Lebensarbeitszeit zu reduzieren, Teilzeitphasen oder Sabbatjahrmodelle zu verwirklichen. Entschleunigung ist auch hier Schlüssel: Viel zu selten werden Männern im Erwerbsarbeitsleben „nicht-klassische“ Erwerbsbiografien ermöglicht. Das Bild vom männlichen Hauptverdiener schwebt auch hier noch in den Köpfen vieler Personalverantwortlicher.
Es ist weder schlau noch gut, Menschen lediglich eindimensional in wirtschaftliche Wachstumsprozesse einzubinden. Familienleben und soziales wie gesellschaftliches Engagement sind gerade für Männer eine Möglichkeit, an einem qualitativen Wachstum mitzuwirken. Vernetztes Denken, ganzheitliche Bildung und Kreativität können sich nur vollends entfalten, wenn Menschen alle Lebensbereiche gemeinsam gestalten. Das Ende der Rollenaufteilung ist auch wirtschaftlich notwendig, denn ein Ende der Ungleichbehandlung führt für alle Beteiligten zu einer größeren Zufriedenheit.
Wir brauchen Neue Wege für Jungs!
Die Wiege der Gleichberechtigung ist wie so oft die Bildung und Erziehung. Hier fallen die Würfel. Viel ist in den letzten Jahren von der Bildungsmisere der Jungen geschrieben und gesprochen worden und vieles ist richtig. Jungen fallen viel häufiger als „Verlierer“ aus dem Bildungssystem: Sie brechen die Schule öfter ab, erreichen schlechtere Leistungen und Abschlüsse, sind häufiger schulmüde als Mädchen. Deshalb braucht es eine emanzipatorische Erziehung und eine individuelle Förderung, die die Stärken von Jungen und Mädchen gleichermaßen wertschätzt und fördert.
Zwischen emanzipierten Müttern und frauenverachtenden Hip-Hoppern bekommen Jungen heute ein breites Repertoire zur Orientierung geboten. Was oft fehlt, sind die positiven Rollenbilder einer anderen, neuen Männlichkeit. Längst wissen wir, dass mit zunehmender Gleichberechtigung das Patriarchat umso härter zurückschlägt: mit Gewalt, medialem Sexismus oder Schein-Bastionen der Männlichkeit in Sport und Musik. Wir wollen role models aus Sport, Medien, Politik und Kultur, die nicht den Macker spielen müssen, weil sie eben selber stark genug sind, auch schwach sein zu dürfen.
Wir wollen mehr geschlechtersensible Männer in „klassischen“ Frauenberufen: mehr Erzieher, mehr Grundschullehrer, mehr Sozialpädagogen. Und wir wollen, dass Jungen selbstbewusst ihren Interessen nachgehen können und nicht in tradierte Schemata gedrängt werden. Deswegen fordern wir neue Wege für Jungs durch die Etablierung von „Boy’s Days“ und ein geschlechtersensibles Bildungs- und Berufsberatungsangebot. Denn das Interesse am Maschinenbau ist nicht angeboren.
Wir fordern: Neue Väter statt „Vater morgana“!
Seit der Einführung der Partnermonate im Elterngeld durch Ursula von der Leyen bejubeln viele Medien die „neuen Väter“ und den Run auf die beiden Monate zwischen Wickeltisch und Sandkasten. Und, in der Tat: Die beiden Partnermonate waren ein Erfolg, ein Einstieg in die Übernahme von Verantwortung von Vätern in Haushalt und Erziehung. Aber werden Männer damit wirklich zu „neuen Vätern“? Oder handelt es sich nicht in Wirklichkeit um eine „Vater morgana“, die Vätern lediglich eine verlängerte Auszeit vom Job ermöglicht, und zwar in der Regel dann, wenn die ersten zwölf Monate nach der Geburt glücklich überstanden sind?
Wir wollen auch hier Gleichberechtigung: Die Aufteilung der Elternzeit muss paritätisch sein. Dies würde nicht nur Männern mehr Verantwortung abverlangen, sondern auch die Unternehmen und Arbeitgeber zum Umdenken zwingen. Zwei Monate ist ein Arbeitnehmer für den Arbeitgeber zu entbehren, sechs Monate oder länger jedoch verlangen neue Zeit- und Jobmodelle, die wir dringend brauchen – hin auf dem Weg zu echter Gleichberechtigung.
Männer leiden unter ähnlichen Vereinbarkeitsproblemen wie Frauen: Gerade junge Männer haben mittlerweile den Anspruch, Kind(er), Karriere, Engagement und Freizeit miteinander vereinbaren zu können, anstatt sich für das eine oder gegen das andere entscheiden zu müssen. Sie wollen nicht länger daran scheitern, Berufs- und Privatleben in eine gute Balance zu bringen, sondern moderne Partnerschaftskonzepte durchgängig leben und die Rolle des “neuen Vaters” tatsächlich einnehmen. Als moderne Väter wollen sie ihren Kindern beim Aufwachsen helfen, selbstbestimmt die Erziehungsarbeit teilen – statt Zuschauer zu bleiben. Auch deshalb muss Teilzeit für Chefs sowie Männer in Kitas und Grundschulen zur Selbstverständlichkeit werden.
Wir stehen für ein Neues Gesundheitsbewusstsein!
Männer sterben noch heute im Schnitt sechs Jahre früher als Frauen – Schlaganfälle und Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Zeichen chronischer Überlastungen sind die häufigsten Todesursachen. Jahrhundertelang gehörte es nicht um Selbstbild eines Mannes, sich um seine Gesundheit zu kümmern. Dumme Sprüche wie “Ein Indianer kennt keinen Schmerz” führen dazu, dass viele Männer körperliche Warnsignale überhören oder bagatellisieren. Doch der Körper lügt nicht.
Männer sollen krank werden dürfen – ohne als Versager dazustehen. Umso wichtiger ist ein großer Aufbruch für die Männergesundheit. Wir brauchen mehr Konzentration auf die Prävention von Männerkrankheiten, in den Krankenkassen und in der Betrieblichen Gesundheitsförderung.
Die bestehende Rollenaufteilung der Geschlechter führt immer wieder zu schweren psychischen Belastungen. Sowohl Frauen als auch Männer leiden unter den enormen gesellschaftlichen Anforderungen, die ihnen auf Grund ihres Geschlechts abverlangt werden. Dies ist vor allem dort ein Problem, wo die eigene Entwicklung den Normvorstellungen wenig entspricht. Für Körper und Psyche des Menschen ist es daher dringend nötig, die Rollen endlich aufzubrechen.
Wir sind Grüne Feministen und haben gute Erfahrungen gemacht, Macht und Einfluss zu teilen. Wir sind mit Quoten und Doppelspitzen groß geworden. Wir kennen und schätzen gleiche Rechte und gleiche Pflichten sowie die Verantwortung, als Beispiel voranzugehen. Uns trägt die Vision einer Gesellschaft verschiedenster Individuen, die unter gleichen Bedingungen zusammenleben.
Wir sind keine Dinosaurier mehr. Wir wollen auch keine Alleinernährer sein. Wir wollen weniger Leistungsdruck, bessere gesundheitliche Prävention und mehr wertvolle Zeit. Wir wollen keine Helden der Arbeit sein, wir wollen leben. Wir wollen Macht, Verantwortung und Pflichten teilen und das Korsett alter Geschlechterrollen von uns reißen. Wir wollen neue Perspektiven für Männer im 21. Jahrhundert!
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Sven Lehmann | Landesvorstand Bündnis 90/Die Grünen NRW
Jan Philipp Albrecht MdEP | Grüne Fraktion im Europäischen Parlament
Kai Gehring MdB | Grüne Fraktion im Deutschen Bundestag
Malte Spitz | Bundesvorstand Bündnis 90/Die Grünen
Arndt Klocke | Landesvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen NRW
Gerhard Schick MdB | Grüne Fraktion im Deutschen Bundestag
Dieter Janecek | Landesvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen Bayern
Sven-Christian Kindler MdB | Grüne Fraktion im Deutschen Bundestag
Till Steffen | Justizsenator Hamburg
Rasmus Andresen MdL | Grüne Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein
Eike Block | Sprecher Grüne Jugend NRW
Christian Kühn | Landesvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen Baden-Württemberg
Max Löffler | Sprecher Grüne Jugend Bundesverband
Henning von Bargen | Leiter Gunda-Werner-Institut in der Heinrich-Böll-Stiftung
Christoph Erdmenger | Landesvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen Sachsen-Anhalt
Jörg Rupp | Parteirat Bündnis 90/Die Grünen Baden-Württemberg
Martin-Sebastian Abel | Sprecher LAG Kultur Bündnis 90/Die Grünen NRW
Matthi Bolte | Ratsmitglied Bündnis 90/Die Grünen Bielefeld
Martin Wilk | Bündnis 90/Die Grünen Kreisverband Kreuzberg-Friedrichshain
Janosch Dahmen | Sprecher LAG Gesundheit Bündnis 90/Die Grünen NRW
Can Erdal | Bündnis 90/Die Grünen Kreisverband Düsseldorf
Der Mann in der Krise
Von Jasmin Michels
Es steht nicht gut um den Mann. Der Feminismus hat die traditionelle Bilderwelt der Männlichkeit zerstört, meint etwa der Soziologe Walter Hollstein. Das hat gerade erst der Internationale Männerkongress in Düsseldorf gezeigt.
„Der Feminismus hat die traditionelle Bilderwelt der Männlichkeit zerstört“, sagt etwa der Soziologe Walter Hollstein, „was den Mann einst zum Mann machte, wird heute stigmatisiert.“ Die maskuline Identitätskrise lasse sich dennoch nicht an den Feminismus binden, räumt er ein. Die Ursachen liegen woanders: „Vielen Jungs fehlt das männliche Vorbild“, erklärt Kongressveranstalter Matthias Franz, Professor für psychosomatische Medizin. Jedes fünfte Kind wächst heutzutage mit nur einem Elternteil auf, 85 Prozent der Alleinerziehenden sind Mütter. „Unter dem abwesenden Vater leiden besonders die Jungen“, so Franz. Denn während bei Mädchen die primäre Bindungsperson und das sexuelle Rollenvorbild identisch sind, fehlt den Jungs oft nicht nur in der Familie, sondern auch in den Kindertagesstätten und Grundschulen das entsprechende Rollenvorbild.
Oft fehlt Jungen die männliche Bezugsperson
Männliche Erzieher und Grundschullehrer sind nach wie vor rar, daran hat auch die Forderung der früheren Familienministerin Renate Schmidt nach mehr Männern in der Kindererziehung nichts geändert. Dass Männer ein Problem damit haben, in vermeintlich feminine Berufsbereiche vorzudringen, mag eben genau damit zusammenhängen, dass „Jungs Weiblichkeit durch fast ausschließlich feminine Bezugspersonen als dominant erfahren und sich schließlich gegen alles wehren, was im Verdacht steht, sie zu verweiblichen“, so Franz. Walter Hollstein fürchtet, dass die überwiegend weiblichen Bezugspersonen dem Naturell der Jungen nicht gerecht werden: „Wenn Tom Sawyer und Huckleberry Finn heute leben würden, man hätte ihnen vermutlich ein Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom diagnostiziert.“ Vaterlose Jungen zeigen, meint Matthias Franz, häufiger Verhaltensauffälligkeiten als Jungen aus Familien mit zwei Elternteilen und Mädchen im Allgemeinen. „Der fehlende Vater wirkt sich nicht nur auf die Rollenfindung negativ aus, sondern vermutlich auch auf ihr späteres Frauenbild“, so Franz. „Wenn der Anteil früh verunsicherter Jungen weiter steigt, werden unseren starken Frauen die passenden Partner ausgehen.“
Der Bildungswissenschaftler Klaus Hurrelmann hat ermittelt, dass den 80 Prozent der Frauen, die Familie und Beruf vereinen wollen, heute Männer gegenüberstehen, die sich zu 60 Prozent nach einem traditionellen Familienbild mit dem Mann als Alleinverdiener sehnen. Zudem sinkt bei Männern der Wunsch nach Familie und Kindern. Nach Fortschritt hört sich das nicht an.
Männer leiden mehr unter TrennungenMänner, die ihre Söhne - und Töchter - verlassen, sind dabei oft selbst verlassen worden: Zu 70 Prozent sind es die Frauen, die die Initiative für eine Scheidung ergreifen. Ihnen gelingt es auch eher, die Trennung als eine neue Herausforderung zu sehen. Die Männer dagegen kommen mit einer Trennung weitaus weniger gut zurecht als angenommen, wie die von dem Soziologen Gerhard Amendt geleitete Bremer Studie „Scheidungsväter“ zeigt. Ihr Leben gerät, genau wie das ihrer Söhne, in ziemliche Unordnung.
„Die zweitschlimmste Krise, in die ein Mann geraten kann, ist nach dem Tod des Partners die Scheidung“, sagt Amendt, der heute an der Universität in Wien lehrt. Für seine Studie befragte er 3600 in Trennung lebende Männer zu ihren Erfahrungen und kam zu dem Schluss, „dass eine Scheidung für einen Mann ein großes Risiko darstellt.“ 21 Prozent der in der Studie befragten Männer gaben an, nach der Scheidung das Interesse an ihrem Beruf verloren zu haben, 76 Prozent klagten über körperliche oder seelische Beschwerden.
Dabei ist es nicht nur der Verlust der Partnerin, sondern vor allem auch die Trennung von den Kindern, die den Vätern zu schaffen macht. Die genannten Probleme waren dann eher von vorübergehender Natur, wenn dem Mann nach der Trennung ein regelmäßiges Umgangsrecht mit den Kindern eingeräumt wurde. 18,2 Prozent der Väter gaben jedoch an, nach der Trennung keine Möglichkeit mehr zu haben, ihre Kinder zu sehen.
Die meisten (34,8 Prozent) sehen ihre Kinder nach dem Berliner Modell nur jedes zweite Wochenende. Viele Väter bemühen sich zwar, die Beziehung zum Nachwuchs nach der Trennung aufrecht zu erhalten, scheitern aber in der Praxis. Häufig deshalb, weil die ehemaligen Partner heute unüberbrückbare Differenzen trennen und der Mann das Umgangsrecht nicht durchsetzen kann. Oft sind es die Frauen, die den Kontakt von Vater und Kindern unterbinden, wie Amendts Studie zeigt - ein Vorgehen, das womöglich beiden, Vätern und Kindern, schadet.
„Vor allem für Männer aus unteren Schichten ist mit der Familie Sinnstiftung verbunden“, berichtet Amendt. Das erklärt auch, warum viele Männer nach einer Scheidung das Interesse an ihrem Beruf verlieren. „Sie arbeiten hauptsächlich deshalb, um die Familie am Leben zu erhalten“, so der Soziologe. Wer dagegen viel Zeit in seine Ausbildung gesteckt habe, habe häufig einen Beruf, der ihm auch Spaß mache, der nicht nur als Geldquelle betrachtet wird und somit auch nach der Trennung noch gerne ausgeführt werde.
Viele Scheidungsväter suchen Hilfe beim Therapeuten
Während Männer sich in anderen Bereichen häufig scheuen, fremde Hilfe anzunehmen, holten sich der Studie zufolge immerhin 33,6 Prozent der teilnehmenden Scheidungsväter nach eigenen Angaben Hilfe bei einem Psychotherapeuten.
Das Fehlen des Vaters ist kein neues Phänomen. Ein Viertel aller Kinder ist bereits nach dem Zweiten Weltkrieg ohne Vater aufgewachsen. Schließlich waren 86 Prozent der Männer Soldaten, jeder achte männliche Deutsche starb im Krieg, viele andere kehrten traumatisiert zurück, unfähig, am Familienleben teilzunehmen. Langjährige Studien zeigen: Auch nach 50 Jahren besteht bei den deshalb vaterlos aufgewachsenen Kindern eine mehr als doppelt so hohe Wahrscheinlichkeit für psychische Erkrankungen, allen voran Depressionen. Grund hierfür ist nicht nur das fehlende Vorbild, sondern auch der überforderte alleinerziehende Elternteil. Die Düsseldorfer „Alleinerziehendenstudie“ zeigte: Alleinerziehende Mütter sind oft hoch belastet, leiden häufig unter Selbstzweifeln, Einsamkeit und Armut. „Dies beeinträchtigt ihre Empathie, die Mutter-Kind-Kommunikation ist gestört“, erklärt Matthias Franz. Verhaltensauffälligkeiten bei den Kindern sind oft die Folge, ganz besonders bei Jungen, die ohne Vater aufwachsen. Sie leiden mit höherer Wahrscheinlichkeit an psychischen Erkrankungen.
Abwesend bleiben die deutschen Väter laut Franz heute sogar dann, wenn keine Trennung erfolgt - etwa weil sie beruflich stark eingespannt sind. Nur 18 Prozent aller Väter nehmen die Möglichkeit der Elternzeit wahr. Die Wissenschaftler fordern daher: „Wir brauchen Hilfsangebote für alleinerziehende Mütter, eine Stärkung auch für Väter und Jungen sowie eine vermehrte männliche Präsenz in Kitas und Schulen.“
Hagener Grundschulen gehen die Männer aus
[Der Westen, 07.04.2010]
Hagen. Den Hagener Grundschulen gehen die Männer aus. 381 der 433 Grundschullehrer sind Frauen, das entspricht einer Quote von 88 Prozent. Auch bei der Schulleitung, einer ehemaligen Männerdomäne, haben die Frauen das Ruder übernommen.
In den Lehrerzimmern der Hagener Grundschulen sitzen deutlich mehr Frauen als Männer. Auch bei den Rektorenstellen, einst traditionell eine Männerdomäne, hat eine Wachablösung stattgefunden. 24 der 33 städtischen Grundschulleiter in Hagen sind Frauen. Gibt es bald keine männlichen Pädagogen mehr in der Stadt?
Beruf hat für männliche Lehramtsstudenten die Anziehungskraft verloren
Der Frauenanteil bei den Grundschullehrern sei traditionell hoch, weiß Anne Gevers Naundorf, Vorsitzende der Lehrergewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Hagen: „Aber nun sind wir doch an einem Punkt angelangt, an dem es gilt, wieder mehr männliche Kollegen in die Kollegien einzubinden.”
Das ist jedoch leichter gesagt als getan. Der Beruf des Grundschullehrers hat für männliche Lehramtsstudenten in den vergangenen Jahren offenbar jegliche Anziehungskraft verloren. Es gibt kaum Bewerber.
Einer der Gründe für das männliche Desinteresse könnten die fehlenden Aufstiegsmöglichkeiten in der Grundschule sein, vermutet Gevers Naundorf: „Männer erheben eher als Frauen den Anspruch, Karriere zu machen und befördert zu werden.” Das sei an weiterführenden Schulen über mehrere Gehaltsstufen hinweg möglich, an den Grundschulen gebe es lediglich den Aufstieg zum Rektor oder Konrektor: „Und diese Stellen sind oft auf viele Jahre hinweg besetzt.” Möglicherweise glaubten Männer auch, mit kleinen Kindern nichts anfangen zu können: „Sie meinen wohl, dass Grundschulpädagogik eher eine weibliche Seite hat.”
Das weibliche Übergewicht wird sich noch verstärken
Ausgerechnet der Frauenförderplan, der trotz des gewaltigen Überschusses an Lehrerinnen nach wie vor in Kraft ist, appelliert nun an männliche Pädagogen, sich als Grundschullehrer zu bewerben. Denn es gibt Vermutungen, dass die weibliche Übermacht an den Grundschulen männliche Schüler benachteiligt. Fakt ist, dass Jungen weniger gefördert, schlechter benotet und seltener fürs Gymnasium empfohlen werden als Mädchen. Ob das mit der „Feminisierung” der Lehrerschaft zusammenhängt, wird zurzeit wissenschaftlch untersucht.
Vieles deutet daraufhin, dass sich das Übergewicht des weiblichen Geschlechts weiter verstärken wird. Zum 1. Februar wurden in Hagen acht neue Grundschullehrer eingestellt. Ausschließlich Frauen.