[Erschienen am 21. Dezember 2007]
Jungen bekommen in der Schule nach einem "Spiegel"- Bericht auch bei gleichem Wissensstand schlechtere Noten als Mädchen. Zu diesem Ergebnis kommt dem Magazin zufolge ein Bericht des Bundesbildungsministeriums, für den verschiedene Studien ausgewertet wurden.
Mädchen passen sich besser anIn Deutsch, Mathematik und Sachkunde erhielten Mädchen demnach bei gleichen Leistungen bessere Noten als Jungen. Das liege möglicherweise auch daran, dass das sozial zumeist angepasstere Verhalten der Mädchen in die Note einfließe.
Mehrzahl der Hauptschüler männlich
Insgesamt schneiden männliche Schüler den Experten zufolge deutlich schlechter ab als weibliche. So betrage der Jungen-Anteil an den Hauptschulen 56 Prozent, an den Gymnasien aber nur 46 Prozent. Erziehungswissenschaftler sind sich relativ einig, woran es liegt, dass Jungs mit dem System nicht zurechtkommen: Die Schule ist ein klar weiblich dominiertes Feld. 87 Prozent des Grundschulpersonals besteht aus Frauen. Wenn Männer auf Lehramt studieren, dann hauptsächlich, um ans Gymnasium zu gehen.
Männliche Lehrer Mangelware
Das Problem ist eindeutig: Jungs fehlen die Vorbilder und die Vertrauenspersonen, die sich in sie hineinversetzen können. "Aber während wir darauf warten, dass endlich mehr Männer Grundschullehrer werden und anerkannte Vorbilder aus dem Boden schießen, kann in der Schule selbst weiter daran gearbeitet werden, der negativen Entwicklung entgegenzuwirken", meint Annika Lüders vom Schulbuch-Verlag Cornelsen.
An Jungs orientieren, nur wie?
Die Autoren der Studie für das Bildungsministerium schlagen die "Umgestaltung des schulischen Alltags nach geschlechtergerechten Gesichtspunkten" vor. Allerdings heißt es in dem Bericht: "Ungeklärt ist, wie ein an Jungen-Interessen orientierter Unterricht aussehen könnte, ohne die Interessen von Mädchen zu vernachlässigen."
"Nicht automatisch gegen Mädchen"
Annika Lüders schlägt zum Beispiel Minuten zum Austoben in unruhigen Unterrichtsstunden und auf Jungs zugeschnittene Aufsatz-Themen vor. Mehr Science Fiction - weniger Ponyhof, lautet ihre Devise. Oder zumindest beides zu gleichen Teilen. Lüder betont: "Wir müssen uns ganz entspannt klar machen, dass etwas für die Jungs zu tun nicht automatisch bedeutet, etwas gegen die Mädchen zu tun."
Getrennte Klassen in den USA
In den USA, wo dieses Problem ebenfalls auftritt, setzt eine stetig wachsende Zahl von Schulen seit etwa einem Jahr auf eine überholt geglaubte Methode: Sie haben die Koedukation, den gemeinsamen Unterricht für Mädchen und Jungen abgeschafft. Mädchen und Jungen werden dort in getrennten Klassen unterrichtet, damit der Lehrer genauer auf die Bedürfnisse der Jungs oder Mädchen reagieren kann.
Kinder konzentrieren sich besser
So werden in manchen Klassen Jungs nicht mehr aufgerufen, sondern bekommen einen Football zugeworfen, wenn sie dran sind. Naturwissenschaftlicher Unterricht wird den Mädchen mit Musik unterlegt. Der US-Verband für gleichgeschlechtliche Erziehung (NASSPE) erklärt, in gleichgeschlechtlichen Klassen könnten sich die Kinder besser konzentrieren und heben Erfolge bei der Leistungssteigerung hervor.
Bürgerrechtler sind entsetzt
Doch nicht alle sind von dieser Methode überzeugt. "Wie sollen wir unseren Kindern vermitteln, dass Klischees und die Diskriminierung von Geschlechtern der Vergangenheit angehören, wenn wir sie im Unterricht trennen", fragt die Vorsitzende der US-Frauenorganisation NOW, Kim Gandy. Die einflussreiche US-Bürgerrechtsvereinigung ACLU droht sogar mit einer Verfassungsklage.