[Kölnische Rundschau, 31.01.08]
VON BIANCA POHLMANN,
Gemeinschaftsgrundschule Kapitelstraße in Köln-Kalk. Und dort mittlerweile der einzige männliche Vertreter im Kollegium.
Dass er sich nach seiner Ausbildung die Laufbahn an der Grundschule wählte, war eher eine zufällige, als eine bewusste Entscheidung. Er studierte auf Lehramt für die Klassen eins bis zehn. Als er anschließend eine Stelle suchte, herrschte in Nordrhein-Westfalen gerade großer Bedarf an Grundschullehrern. „So bin ich dort gelandet“, erzählt Raabe. Und wehrt sich seitdem gegen allgemein vorherrschende Klischees. „Viele denken, das ist kein Beruf für einen Mann, mit kleinen Kindern umzugehen. Aber auch Männer haben die Kompetenz des Erziehens.“
In der Familienpolitik wird verstärkt dafür geworben, im Schulwesen ist das Argument aber noch nicht angekommen. „In der Gesellschaft gibt es immer noch das Vorurteil, man bräuchte an der Grundschule keine so hohe fachliche Qualifikation“, ärgert sich Raabe. Dabei fordert die tägliche Arbeit gerade von Grundschullehrern neben dem Fachwissen ein hohes Maß an Kreativität, Vielfalt und Engagement.
Wie wichtig ein ausgewogenes Verhältnis von Männern und Frauen in einer Schulklasse ist, hat Raabe dabei im Unterricht immer wieder erlebt. „Egal ob Lehrer oder Lehrerin, alle unterrichten nach den gleichen Richtlinien und Lehrplänen. Aber es gibt Unterschiede in der Art des Unterrichts und des Umgangs miteinander“, weiß Raabe, der auch Vorsitzender der Fachgruppe Grundschule Köln der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und Vorsitzender des Lehrerpersonalrats Grund- und Hauptschulen in Köln ist. Zum Beispiel im Sexualkundeunterricht. Hier Fragen zu stellen, dafür bedarf es schon eine Menge Vertrauen. Das sei oft schon schwierig vor den Mädchen der Klasse, aber auch gegenüber einer Lehrerin. Ein weiteres Beispiel, so Raabe, ist der Sportunterricht. „Jungen brauchen mehr kämpferische Akzente, müssen sich austoben.“
Doch vor allem sei es wichtig, Lehrer und Lehrerinnen als Vorbilder zu erleben. Sowohl für Jungen als auch für Mädchen. „Bis zum Ende der vierten Klasse besteht eine Orientierung fast immer nur an Frauen“, hat er in all den Jahren festgestellt.
Dabei fände er es besonders wichtig, den Kindern speziell ein Miteinander von Männern und Frauen zu vermitteln. In der Grundschule an der Kölner Kapitelstraße ist die Zahl der Kinder mit Migrationshintergrund groß. Und bei einer ganzen Reihe von Kindern müsse man feststellen, dass sie ihre jungen Mütter nicht so ernst nähmen. Ein Problem, dass dann bei den Grundschullehrerinnen auflaufe. Dabei hält Wolfgang Raabe nichts von dem Argument, ein Lehrer könne besser ein Machtwort sprechen, werde von Jungen ernster genommen. Ideal sei es eher, wenn Lehrer und Lehrerin gemeinsam ein Projekt leiten würden. Und beide als Autoritätsperson verstanden werden.
So könnte seiner Meinung nach noch eine weitere Lücke geschlossen werden: Und zwar die im Kreis des Kollegiums. „Es wäre schön, wenn man beide Geschlechter im Team hätte, sie sich abstimmen und austauschen könnten.“