Jungen im Nachteil

[Bayerischer Rundfunk, 28.10.2008]


Zwei Drittel der Schulabbrecher in Deutschland sind Buben, bei den Förderschülern stellen sie sogar drei Viertel. Auch in den Hauptschulen sind sie mit 56 Prozent die Mehrheit, an den Gymnasien dagegen in der Minderzahl. Jungen bleiben häufiger sitzen und verweigern sich der Schule. Droht im deutschen Bildungssystem eine "Jungenkatastrophe"?
Die Statistiken vermitteln für Buben ein düsteres Bild: In der Schule sind sie auf dem absteigenden Ast. Die Zukunft scheint den Mädchen zu gehören. Die Wirklichkeit ist jedoch differenzierter, sagt Waltraud Cornelißen, Leiterin der Forschungsgruppe Gender und Lebensplanung am Deutschen Jugendinstitut München.

Jungen zeigen ihr zu Folge nämlich ein deutlich größeres Leistungsspektrum als Mädchen: "Bei den Jungen gibt es mehr sehr schlechte und schwache Schüler, aber auch mehr sehr gute Schüler. Wegen dieser Spitzengruppe ist es nicht angebracht, von einer Jungenkatastrophe zu sprechen." Auch Miguel Diaz, der Bielefelder Soziologe und Projektkoordinator des Bundesprojekts "Neue Wege für Jungs", warnt vor solchen Schlagworten: "Das schmiedet eine Homogenität, die es überhaupt nicht gibt. Jungen sind vielfältig und wir müssen sie auch genau so behandeln."

Alles besser durch mehr männliche Lehrer?

Warum schneiden Buben aber in der Schule schlechter ab als Mädchen? Die Ursachen sind in der Wissenschaft umstritten und empirisch kaum erforscht. Ein häufig genannter Vorschlag zur Lösung des Problems lautet: Mehr Männer als Lehrer und Erzieher einstellen! Waltraud Cornelißen zweifelt aber, dass dies automatisch zu mehr Schulerfolg bei Jungen führt: "Man kann nur feststellen, dass der gesamte pädagogische Bereich für Jungen über Jahre hinweg nur mit Frauen besetzt ist. Erst sind es die Mütter, dann die Kindergärtnerinnen. Auch an der Grundschule ist die übergroße Mehrheit des Lehrpersonals weiblich." Einen Beleg, dass dies die Leistungen der Buben negativ beeinflusst, gebe es aber nicht.

Mädchen waren schon früher besser

Auch Miguel Diaz glaubt nicht, dass mehr männliche Lehrer mehr Erfolg für männliche Schüler bedeutet: "Die Leistungsunterschiede sind gerade in den Schultypen am ausgeprägtesten, wo der Männeranteil relativ hoch ist, etwa am Gymnasium. An den Schultypen wie der Grundschule, die deutlich weiblich dominiert sind, sind sie viel geringer." Außerdem sind erfolgreiche Mädchen nichts Neues: Bereits in den 60er-Jahren - damals lag der Anteil männlicher Grundschullehrer noch bei 54 Prozent - hatten sie die besseren Noten. Höhere Abschlüsse machen sie aber erst seit den 70er-Jahren, als die gezielte Mädchenförderung begann, vom getrennten Unterricht in den Naturwissenschaften bis hin zum "Girls' Day" für eine offenere Berufswahl.

Überkommene Rollenklischees

Der Soziologe Miguel Diaz hat eine andere Erklärung für das Zurückbleiben der Jungen. Manche orientieren sich an Normen von Männlichkeit, die mit heutigen Schulnormen kollidieren: "Das liegt am traditionellen männlichen Verhalten, das dem Lernen in der Schule nicht besonders förderlich ist: dominant zu sein, auffällig zu sein. Wir stellen bei Jungen häufig fest, dass sie, wenn sie vorne nicht mithalten können, sich nicht ins Mittelfeld begeben, sondern versuchen, ganz hinten Spitze zu sein" - zum Beispiel als Klassenclown. Ein weiterer Grund für mangelnde Leistungen ist der hohe Medienkonsum von Jungen. Er reduziert nicht nur die Zeit für das Lernen. Viele Computerspiele vermitteln darüber hinaus unrealistische und problematische Männlichkeitsbilder.

Brave Mädchen werden belohnt

Zum Teil sorgt aber auch das Schulsystem selbst dafür, dass aufmüpfige Jungen im Nachteil sind. Selbst bei gleichen Kompetenzen werden sie nicht so gut bewertet – auch von Männern. In den Bundesländern, die Kopfnoten eingeführt haben, schneiden Jungen deutlich schlechter ab. "Es gibt eine Bevorzugung der Mädchen in unserem pädagogischen Klima: Sie sind angepasster. Anpassung wird belohnt, obwohl in der realen Welt Nichtanpassung und Kreativität belohnt werden", sagt der Jugendpsychologe und Therapeut Wolfgang Bergmann aus Hannover. Für ihn geht die Schule an der Lebenswirklichkeit vorbei, und Jungen reagieren darauf heftiger als Mädchen.

Jungenförderung: Stärkung des schwachen Geschlechts

Um beide Geschlechter spezifisch fördern zu können, setzt die Schulforschung darauf, Jungen und Mädchen im Unterricht zeitweise zu trennen: "Erstaunlich ist, dass sich in der Regel die Jungen und die Mädchen in Anwesenheit des anderen Geschlechts so verhalten wie es geschlechtsstereotyp ist", so Barbara Koch-Priewe von der Universität Bielefeld. Die Arthur-Kutscher-Realschule in München hat es ausprobiert und splittet Schülerinnen und Schüler in der Pubertät im Biologie- und Fremdsprachenunterricht auf. So ist der Sexualkundeunterricht offener und in den Sprachen beteiligen sich die Jungen eher, wenn die redegewandten Mädchen fehlen.

In den gemischten Klassen verhalten sich die Buben in einem gewissen Alter oft "noten-schädlich". Hildegard Hain vom St.-Anna-Gymnasium in München spricht aus Erfahrung: "In gewisser Hinsicht sind Mädchen vorsichtiger, lernen mehr, gleichmäßiger und sinnvoller - während Buben risikofreudiger sind und zum Größenwahn neigen und denken, 'das lerne ich am Wochenende'. Das führt zu einem unterschiedlichen Leistungsniveau zwischen Buben und Mädchen." In einer reinen Jungenklasse hingegen sehen sich die Schüler als ebenbürtige Rivalen. So haben sie einen Ansporn, mit den anderen zumindest mitzuhalten - wenn nicht sogar besser zu sein.

Mit der männlichen Jugend geht's bergab: Die Buben werden in der Schule immer schlechter, der Vorsprung der Mädchen wächst. Stehen wir vor einer "Jungenkatastrophe"?

„Diskussion um Männerquote ist Quatsch“

[KSTA.de, Erstellt 28.10.08]




KÖLNER STADT-ANZEIGER: Warum will kaum ein männlicher Abiturient Grundschullehrer werden?


ULRICH BOLDT: Das liegt vor allem daran, dass die gesellschaftliche Wertschätzung des Lehrerberufs allgemein abnimmt. Dazu kommt die Tatsache, dass man an Grundschulen weniger verdient als an weiterführenden Schulen. Außerdem sind die Karrieremöglichkeiten beschränkt.


Das scheint Frauen nicht zu stören.




BOLDT: Für Frauen sind vielleicht eher die Arbeitsinhalte wichtig, außerdem denken sie stärker an die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Und junge Männer werden zusätzlich davon abgeschreckt, dass der Arbeitsbereich so stark weiblich dominiert ist.


Sie könnten es ja auch genießen, der »Hahn im Korb« zu sein.


BOLDT: Zumindest bei der Arbeit funktioniert das nicht. Sowohl Frauen als auch Männer fühlen sich am Arbeitsplatz wohler, wenn sie sich mit Kollegen des gleichen Geschlechts austauschen können.


Abiturienten, die an Grundschulen arbeiten wollen, müssen deswegen eine sehr stabile Persönlichkeit haben. Denn es ist immer schwer, sich gegen den Mainstream zu verhalten.


Raten Sie Ihren männlichen Studenten deswegen von dem Job ab?


BOLDT: Auf keinen Fall. Denn es gibt auch männliche Studenten, die sagen, dass die Grundschule gerade wegen des Männermangels genau die richtige Schulform für sie sei. Denn hier merken sie, wie wichtig sie besonders für die männlichen Grundschüler sind.


Warum ist es für Schüler wichtig, auch männliche Lehrer zu haben?


BOLDT: Viele Jungen haben wenig Kontakt zu Männern - sei es an der Schule oder zu Hause. Ohne Rollenvorbilder laufen sie Gefahr, auf Stereotype zurückzugreifen - zum Beispiel aus den Medien. Außerdem kann sich der Männermangel an Schulen negativ auf die Leistungen auswirken. Die IGLU-Studie hat gezeigt, dass Jungen die ersten vier Schuljahre weniger positiv erleben als Mädchen.


Wie können denn mehr männliche Abiturienten für den Job als Grundschullehrer gewonnen werden?


BOLDT: Die Diskussionen um eine Quote sind auf jeden Fall Quatsch, weil es gar nicht genügend Studenten gibt. Stattdessen müssen die Jungen gerade im Gymnasialbereich stärker mit Berufsfeldern in Kontakt kommen, die als typisch weiblich gelten. Nur so können sie sich selber ein Bild machen, ob eine Tätigkeit im Altenheim, Kindergarten oder eben in der Grundschule zu ihnen passt.


Das Gespräch führte Kerstin Meier


Kampf gegen das Weichei-Image

[KSTA.de, Von Sandra Kiepels, 28.10.08]

Nur wenige Männer wollen Grundschullehrer werden. Das hat viel mit dem Weichei-Image des Studiengangs zu tun. An der Universität sind Andreas, Tobias und Simeon in der Tat Sonderlinge. In der Grundschule sind jedoch sie Stars.

Zu wenig Frauen in Führungspositionen, zu wenig Frauen mit Professur, zu wenig Frauen im Ingenieurberuf. Jahrelang war der Blick der Öffentlichkeit einzig darauf gerichtet, wo in der Berufswelt Frauen fehlen. Doch es gibt auch Berufszweige, in denen akuter Männermangel herrscht. Und während der Frauenanteil in den typischen Männerberufen langsam steigt, tun sich Männer wesentlich schwerer, in einem typisch weiblichen Job zu arbeiten.

Andreas Schwartz (23), Tobias Engelmayer(20) und Simeon Schlicht (20) sind Ausnahmen: Sie wollen Grundschullehrer werden. In Nordrhein-Westfalen hätten sie im Moment fast nur Frauen als Kollegen: 89,9 Prozent der Grundschullehrer sind weiblich. NRW-Schulministerin Barbara Sommer findet das problematisch: „Jungen brauchen für ihre Entwicklung männliche Vorbilder. Das gilt besonders in der Grundschule,“ sagt sie und kämpft deswegen gegen Geschlechterklischees: „Männer, die in der Grundschule arbeiten, sind »starke Typen« und keine »Weicheier«.“

Alte Rollenmuster

Doch an dem Geschlechterverhältnis an den Grundschulen wird sich sobald nichts ändern. Denn von den rund 43 000 Studenten, die im vergangenen Wintersemester für das Grund- und Hauptschullehramt eingeschrieben waren, sind etwa 36 000 weiblich. Andreas, Tobias und Simeon gelten deswegen an der Kölner Universität als Exoten.

„In manchen Vorlesungen und Seminaren sitzt man wirklich alleine unter Frauen“, sagt Simeon. Und Andreas erzählt: „Meine Umgebung reagierte ziemlich überrascht, als ich erzählt habe, dass ich Grundschullehrer werden will. Vor allem meine Freunde fanden mein Studium sehr ungewöhnlich - da merkt man schon, dass viele noch in alten Rollenmustern verhaftet sind.“ Ähnliche Erfahrungen hat auch Simeon gemacht: „Manchmal wird man in Gesprächen über das Studium schräg angeguckt - als wäre man ein Sonderling. Einer sagte zu mir: »Grundschullehrer - da verdient man doch viel weniger als ein normaler Lehrer. So was würde ich als Mann nicht machen.«“

Für Andreas, Simeon und Tobias hat der Männermangel aber weniger mit dem vergleichsweise geringen Gehalt, sondern mit dem Image des Erziehungsberufs zu tun: „Viele Männer sagen: »Ich kann einfach nicht mit Kindern«“, erzählt Andreas. Oft liegt das daran, dass sie in ihrem Alltag nichts mit Kindern zu tun haben. Bei Simeon, Andreas und Tobias war das nicht der Fall: Tobias engagiert sich seit drei Jahren, Andreas seit fünf Jahren ehrenamtlich bei den Pfadfindern. Auch Simeon arbeitet schon seit acht Jahren mit Jungen und Mädchen im Grundschulalter: „Für mich stand durch meine Arbeit als Gruppenleiter schon relativ früh fest, dass ich mal »was mit Kindern« machen wollte.“

Wie wenig männliche Lehrer es an den Grundschulen gibt, haben die drei in ihrer eigenen Schulzeit festgestellt: „Erst in der weiterführenden Schule stand da vorne ein Mann. Das war dann etwas Besonderes“, erzählt Simeon. Dass Jungen auf einen männlichen Lehrer tatsächlich anders als auf einen reagieren, hat er während seiner Schulpraktika erfahren: „Da war ich der Star an den Schulen. Für die Jungen war es eine völlig neue Erfahrung, dass im Sportunterricht der Lehrer mit Fußball spielt, und - auch wenn das jetzt banal klingt - so wird man schließlich zu einer Bezugsperson, zu der die Kinder Vertrauen aufbauen können.“ Er hat bereits an drei verschiedenen Schulen Praktika gemacht und dabei nur einen einzigen Mann getroffen: „Den Türkischlehrer, der gleichzeitig an drei Schulen unterrichtet.“

Gute Jobchancen

Beruflich sieht es gut für die drei aus - und das wissen sie auch: „Lehrer werden gesucht, speziell Grundschullehrer, und davon noch spezieller Männer: In dem Bereich habe ich nicht wirklich viel Konkurrenz“, sagt Andreas. Simeon sieht das genauso: „Bis jetzt haben mir alle Schulen, bei denen ich ein Praktikum gemacht habe, gesagt, dass ich als Mann sehr gute Chancen habe, eingestellt zu werden. Da hätte ich einen richtigen Geschlechterbonus.“ Sorgen, dass man ihn für seine Berufswahl belächeln könnte, macht er sich nicht: „Vorurteile gibt es nahezu in jedem Beruf, da wird man sich früher oder später mit auseinandersetzen müssen.“ Tobias macht sich da schon mehr Gedanken: „Es wird immer Menschen geben, die Männer in diesem Beruf nicht akzeptieren können.“ Er hat Angst, dass ihn die Kritik von außen sogar derart verunsichert, dass er seine Berufspläne aufgibt: „Die Arbeit mit Kindern macht mir aber sehr viel Spaß, und es ist einfach erfüllend, von einem Kind als Dankeschön ein Lächeln zu bekommen.“

 

Die Schule ist weiblich

[PNP.de, vom 15.10.2008]

Pädagogen schlagen Alarm: Es gibt kaum noch Männer an Grundschulen. Kann d, as ohne Folgen bleiben für die Buben?

Von Birthe Bruhns

Man kann mitunter lange durch ein Schulhaus streifen, bis man auf einen Mann trifft. Und dann ist es meist der Hausmeister. In den Klassenzimmern, vor allem der Grundschulen - Fehlanzeige. Da stehen im Freistaat zu rund 87 Prozent Frauen vor den Tafeln, so das Ergebnis des Bayerischen Landesamts für Statistik. Mütter, Kindergärtnerinnen, Lehrerinnen - in Deutschland dominieren die Frauen das Leben der Jungen. „Den Kindern fehlt ein männliches Rollenbild. Das kann besonders bei Jungen zu erheblicher Verunsicherung bis hin zu psychischen Auffälligkeiten führen“, warnt der Präsident des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), Klaus Wenzel. Sein dringender Appell: „Wir brauchen mehr Lehrer an den Grundschulen.“

Mittlerweile sind Buben die Bildungs-Sorgenkinder der Nation. Statistiken zeigen, dass sie in Bayern an Haupt- und Förderschulen dominieren und häufiger die Schule abbrechen als Mädchen. Im Schuljahr 2003/2004 verließen laut Kultusministerium mehr als doppelt so viele Buben wie Mädchen die Hauptschule ohne Abschluss. Auch im Gymnasium und an Universitäten hat die Zahl der Mädchen mittlerweile die der Jungen überholt. Eine Ursache könnte eine aktuelle Untersuchung des Konstanzer Bildungsforschers Thomas Hinz und des Münchner Sozialwissenschaftlers Jochen Groß zu Schul-Übertritten in Bayern liefern: Buben bekommen demnach seltener eine Empfehlung fürs Gymnasium. Und sie landen mit höherer Wahrscheinlichkeit auf einer Haupt- als auf einer Realschule.

Der familienpolitische Sprecher der Union, Johannes Singhammer, sieht in der Überzahl der Grundschullehrerinnen auch einen Anhaltspunkt für die zunehmend schlechten Schulnoten der Jungen und forderte gegenüber der PNP gezielte Fördermaßnahmen für Buben in den Schulen: „Man muss prüfen, wie Bund und Länder hier gegensteuern können.“ Dies sei auch ein Thema für den Bildungsgipfel in der kommenden Woche.Noch in den 60er Jahren waren über die Hälfte der Grundschullehrkräfte in Deutschland Männer - 2007 war ihr Anteil nach Angaben des Statistischen Bundesamtes auf gerade einmal zwölf Prozent geschrumpft (in Bayern: rund 13 Prozent). Nur an weiterführenden Schulen ist der Männeranteil noch fast genauso groß wie der der Lehrerinnen. Aber auch hier sind die Zahlen rückläufig.Der weibliche Einfluss auf die Buben wird noch durch andere Entwicklungen verstärkt. Denn auch die Zahl der Alleinerziehenden ist in den letzten zehn Jahren stark angestiegen. Laut Statistischem Landesamt wachsen inzwischen in jeder fünften Familie Kinder nur bei einem Elternteil auf, und das ist im Regelfall die Mutter. „Gerade bei Jungen, die vaterlos aufwachsen, kann man Orientierungsprobleme beobachten“, sieht sich BLLV-Präsident Wenzel in seiner Forderung nach mehr männlichen Lehrern bestätigt. Den Grund für das Verschwinden der Männer aus den Grundschulen erklärt Waltraud Cornelißen vom Deutschen Jugendinstitut, die eine Studie für das Bundesfamilienministerium herausgibt: „Die Arbeit mit kleinen Kindern ist in den Köpfen nach wie vor Frauensache. Das gilt auch für die Schule.“ Hinzu komme die geringere Bezahlung als an Realschule und Gymnasium und sinkendes berufliches Prestige.Konrektor Richard Lang aus Bodenmais ist einer der wenigen Männer, die das alles nicht abgehalten hat, Grundschullehrer zu werden: „Geld ist nicht alles. Und in diesem Alter haben die Kinder Spaß am Lernen und sind noch formbar.“ Der 40-Jährige ist der einzige männliche Klassleiter für Grundschüler an der Volksschule Bodenmais und bedauert, dass nicht mehr Männer seinen Beruf ausüben. „Rollenvorbilder sind für Jungen im Alltag oft nicht greifbar.“ Viele Väter kämen erst spät von der Arbeit, und Idole wie Fußballspieler blieben für die Schüler unerreichbar. Dass sich durch mehr männliche Lehrkräfte die Noten der Jungen verbessern würden, bezweifelt er zwar. Aber: „Ich habe schon das Gefühl, dass viele Buben froh sind, einen Lehrer zu haben.“ Das bestätigt Tobias Krenn, den Lang in der vierten Klasse als Klassleiter unterrichtet hat: „Ich fand es super - ich bin schließlich auch ein Bub“, sagt der Zehnjährige, der gerade mit der fünften Klasse der Volksschule Bodenmais begonnen hat und sich nun wieder an eine Klassenlehrerin gewöhnen muss. Auch Psychologie-Professorin Gisela Steins von der Universität Duisburg-Essen sieht in der Überzahl weiblicher Lehrkräfte nicht die Ursache für das schlechtere Abschneiden der Buben. Auch als noch mehr Männer an Grundschulen lehrten, hätten die Mädchen bessere Noten mit heim gebracht. Wie auch die Autoren der gerade veröffentlichten Untersuchung des Bundesfamilienministeriums „Neue Wege für Jungs“ hält Steins die Vorstellung der Buben von Männlichkeit für entscheidend: Faul, cool, witzig und frech zu sein, entspricht demnach eher dem „typischen“ Jungen, als fleißig und brav die Schulbank zu drücken - das ist Mädchensache. Das Bild vom „echten Mann“ spielt den Jungen auch in der Erziehung einen Streich: „Sie lernen sehr viel weniger konformes Verhalten als Mädchen, von denen man stärker erwartet, dass sie sich anständig benehmen. Buben sind deshalb einfach schlechter auf die Schule vorbereitet“, sagt Steins, die Erziehungswissenschaften und Sozialarbeit an der Bildungswissenschaftlichen Fakultät unterrichtet. Väter spielen beispielsweise dreimal so häufig wild und ausgelassen mit ihren Söhnen wie mit ihren Töchtern. Doch in der Schule ist Stillsitzen gefragt.

Aus seiner Erfahrung heraus bestätigt Grundschullehrer Richard Lang die Aussagen der Forscherin: „Mädchen tun eher, was man ihnen sagt, und stören weniger, weil sie besser ruhig sitzen können. Wenn eine Aufgabe kniffelig wird, werfen Jungen tendenziell schneller hin - Mädchen fällt es leichter, mit Fleiß durchzuhalten.“Und noch eine Ursache hat Steins ausgemacht: „Jungen mit Problemen kommen meist aus bildungsfernen Schichten mit traditionellem Rollenverständnis.“ Diese Kinder hätten oft nicht gelernt, für ihr Handeln Verantwortung zu übernehmen und beschuldigten den Lehrer, wenn sie eine schlechte Note bekämen. Anstatt dann mehr zu lernen, ließen sie nach. Bei der wachsenden Zahl von Jungen aus Einwanderer-Familien komme noch ein Aspekt hinzu: Wegen der traditionellen Vorstellungen in ihren Familien hätten sie Probleme, eine Frau als Autoritätsperson zu akzeptieren.Also braucht Deutschland doch mehr Männer an den Grundschulen? Steins, die auch angehende Lehrkräfte unterrichtet, hat eine andere Antwort: „Die Lehrer müssen das Sozialverhalten der Kinder durch Rollenspiele und Gespräche in der Schule trainieren.“ In den USA sei das bereits Teil des Unterrichts. „Das muss endlich auch bei uns in die Lehrerausbildung.“Lang, der Mann aus der Praxis, hat seine eigenen Lösungen: Er versucht mit Gruppenarbeit, soziale Fähigkeiten zu stärken. „So müssen die Jungen sich auch mit jemandem auseinandersetzen, den sie nicht so gerne mögen - das fällt ihnen schwerer als Mädchen.“ Zappelige Schüler lässt der Bodenmaiser ihren Bewegungsdrang so weit wie möglich ausleben - auch mit unkonventionellen Methoden: „Ich hatte einmal einen Schüler, der jede Stunde auf die Toilette laufen durfte. Der kurze Weg reichte ihm schon, um ruhiger zu werden.“ Ähnlich positive Effekte beobachtete Lang während des Projekts „Voll in Form“ des Kultusministeriums, für das Bodenmais Modellschule war: An Tagen, an denen kein Turnen auf dem Stundenplan steht, machen die Schüler trotzdem 20 Minuten lang Sport. „Ich fand es super, dass wir uns vor der Pause zu Musik bewegen oder durch das Klassenzimmer rennen durften“, sagt Tobias. Ab diesem Schuljahr wird das Projekt, das Ernährung und Bewegung fördern soll, an allen Grundschulen in Bayern durchgeführt.

In Sachen Jungen-Förderung sieht es an Bayerns Grundschulen hingegen düster aus: Die Programme des Kultusministeriums sind erst für Schüler ab der fünften Klasse. Fürs kommende Jahr ist eine Fachtagung zum Thema geschlechterbewusste Bildung und Erziehung an Schulen geplant. Bis es Ergebnisse gibt, bleiben die Buben mit ihren Schulproblemen allein.

Education system failing to keep boys

[TVNZ, New Zealand, Oct 11, 2008]

The education system is failing to hold on to boys, with latest figures showing they are leaving school early at almost twice the rate of girls.

A biannual report on the national school roll shows nearly 20% of boys enrolled at Year 11 last year did not go on to Year 12 this year.

The Ministry of Education's July school roll return, released this week, shows that of the 30,659 Year 11 girls enrolled in 2007, 3811 did not return to school this year.

The loss of boys was 6346 of the 32,173 enrolled between those two school year groups.

Between Years 12 and 13, the loss of girls was 5894 of the 27,102 enrolled the previous year, and the boys' loss was 6650 out of 25,809.

Education Minister Chris Carter said the number of students leaving school before 18 was too high.

"We want it to be like in the US, where graduation from high school is a big deal like, `I've done it, I've graduated from high school and I've got NCEA level two'," he said.

Labour and National are both making marginalised youth an election issue and are offering policies to deal with it.

Labour wants to keep all children connected with a school up to the age of 18.
National's youth guarantee promises to fund a free education outside school for teenagers who want to leave.

Labour's schools-plus policy sets an education and training age at 17 in 2011, which will be lifted to 18 in 2014.

Early leaving exemptions for 15-year-olds, which have attracted as many as 7% of enrolled 15-year-olds, will be scrapped completely.

The Post-Primary Teacher's Association (PPTA) has protested against the early leaving exemption policy, claiming it will stack schools with students who do not want to be there.

However, Mr Carter said the schooling system would offer "a whole lot of alternatives" in the hope they will catch the interest of those who would otherwise give up on school.