[Badische Zeitung, Freitag, 06. Februar 2009]
OFFENBURG.
Das Tagesseminar ist ausgefallen. Gerade einmal zwei Männer hatten sich angemeldet, um sich mit Björn Süfke auf die Reise ins Land der Gefühle zu begeben. Dietmar Krieger war entsprechend nervös. Wird wenigstens der Vortrag des Referenten am Abend zuvor auf Resonanz stoßen? Der Veranstalter der "Lebenswege"-Reihe konnte durchatmen: Der Schillersaal war am Freitag gut besucht, als der Diplom-Psychologe Süfke aus Bielefeld seine Ansichten zum Thema "Männerseelen" kundtat. Das Publikum war gemischt, die Frauenquote lag bei knapp über 50 Prozent: Das Kommen dürfte sich für Angehörige beider Geschlechter gelohnt haben.Auf sympathisch selbstironische Weise schilderte der 36-jährige, wie er das "letzte Abenteuer der Männlichkeit" nach anfänglich cool überspieltem Muffensausen bestanden hatte: Vier Tage allein mit dem 16 Monate alten Sohn Jonathan – und das, obwohl er sich als Vater erst im zweiten Ausbildungsjahr befand. Die Zeit ging vorbei, das Experiment gelang, stolz habe er feststellen dürfen, dass er nicht nur ein Kind zeugen, sondern es auch eigenständig am Leben erhalten könne.Männer gelten als "vollkommene Gefühlsidioten" und "emotionale Analphabeten". Allerdings handelt es sich hier um ein sehr ambivalentes Phänomen, wie Süfke überzeugend darlegte: Denn der Angst vor eigenen Gefühlen stehe die Sehnsucht nach ihnen gegenüber. Die Entfremdung von der eigenen Innenwelt habe mit den Männlichkeitsbilder der Gesellschaft zu tun, mit unzureichendem Entgegenkommen der Umwelt (Mädchen werden eher getröstet als Jungen), vor allem aber mit dem Fehlen männlicher Identifikationsfiguren in der Kindheit: Es gibt keine Erzieher, kaum Grundschullehrer – und viele Väter sind bis heute wenig präsent. Die von Frauen umgebenen Jungen wüssten sehr früh, dass sie anders seien und würden menschliche Regungen als "typisch weiblich" abwehren und abwerten. Was ihnen fehle, seien positiv besetzte Einfühlungsmöglichkeiten. Daher lautet ein Credo des Referenten: Mehr Männer in die frühkindliche Erziehung von Junge.
"Einfach mal an einer viel zu kleinen Parklücke vorbeifahren"Gefühle als Handlungsempfehlungen spielten in der männlichen Lebenswelt eine geringe Rolle, woraus eine gewisse Hilflosigkeit resultiert, die aber erneut abgewertet wird. "Was wir am meisten fürchten ist das, wonach wir uns am meisten sehnen." Depressionen können die Folge sein: "Man funktioniert äußerlich tadellos, aber im Innern herrscht eine emotionale Leere." Doch es gibt durchaus Wege, aus diesem tradierten Verhaltensmuster herauszukommen. Innere Einkehr und Gespräche mit anderen Männern seien hilfreich, so der Experte: Zunächst einmal müsse es darum gehen, sich selbst urteilsfrei gegenüberzutreten und die eigene Beziehungsfähigkeit zu betrachten. Konzepte wie "Ich bin der Größte" oder "Männer sind Helden" müssten als haltlos entlarvt werden, um der Sehnsucht nach anderen Lebensbewältigungsmodellen Raum geben zu können. Daraus entstünden ganz automatisch Handlungsimpulse, zeigte sich Süfke überzeugt: Und im Umsetzen dieser Eingebungen seien Männer unschlagbar. Wer sich nicht ständig etwas beweisen müsse, wer auch "einfach mal an einer viel zu kleinen Parklücke vorbeifahren" könne, würde ein glücklicheres Leben führen. Die Kunst bestehe darin, in den eigenen Teich zu blicken, sich dabei nicht vom Spiegelbild der Oberfläche beirren zu lassen, sondern in die Tiefe zu schauen, in die heimliche, die unheimliche Innenwelt – und am Ende die Erkenntnis zu gewinnen: Dort unten in uns drin, lauert nicht der Feind.
OFFENBURG.
Das Tagesseminar ist ausgefallen. Gerade einmal zwei Männer hatten sich angemeldet, um sich mit Björn Süfke auf die Reise ins Land der Gefühle zu begeben. Dietmar Krieger war entsprechend nervös. Wird wenigstens der Vortrag des Referenten am Abend zuvor auf Resonanz stoßen? Der Veranstalter der "Lebenswege"-Reihe konnte durchatmen: Der Schillersaal war am Freitag gut besucht, als der Diplom-Psychologe Süfke aus Bielefeld seine Ansichten zum Thema "Männerseelen" kundtat. Das Publikum war gemischt, die Frauenquote lag bei knapp über 50 Prozent: Das Kommen dürfte sich für Angehörige beider Geschlechter gelohnt haben.Auf sympathisch selbstironische Weise schilderte der 36-jährige, wie er das "letzte Abenteuer der Männlichkeit" nach anfänglich cool überspieltem Muffensausen bestanden hatte: Vier Tage allein mit dem 16 Monate alten Sohn Jonathan – und das, obwohl er sich als Vater erst im zweiten Ausbildungsjahr befand. Die Zeit ging vorbei, das Experiment gelang, stolz habe er feststellen dürfen, dass er nicht nur ein Kind zeugen, sondern es auch eigenständig am Leben erhalten könne.Männer gelten als "vollkommene Gefühlsidioten" und "emotionale Analphabeten". Allerdings handelt es sich hier um ein sehr ambivalentes Phänomen, wie Süfke überzeugend darlegte: Denn der Angst vor eigenen Gefühlen stehe die Sehnsucht nach ihnen gegenüber. Die Entfremdung von der eigenen Innenwelt habe mit den Männlichkeitsbilder der Gesellschaft zu tun, mit unzureichendem Entgegenkommen der Umwelt (Mädchen werden eher getröstet als Jungen), vor allem aber mit dem Fehlen männlicher Identifikationsfiguren in der Kindheit: Es gibt keine Erzieher, kaum Grundschullehrer – und viele Väter sind bis heute wenig präsent. Die von Frauen umgebenen Jungen wüssten sehr früh, dass sie anders seien und würden menschliche Regungen als "typisch weiblich" abwehren und abwerten. Was ihnen fehle, seien positiv besetzte Einfühlungsmöglichkeiten. Daher lautet ein Credo des Referenten: Mehr Männer in die frühkindliche Erziehung von Junge.
"Einfach mal an einer viel zu kleinen Parklücke vorbeifahren"Gefühle als Handlungsempfehlungen spielten in der männlichen Lebenswelt eine geringe Rolle, woraus eine gewisse Hilflosigkeit resultiert, die aber erneut abgewertet wird. "Was wir am meisten fürchten ist das, wonach wir uns am meisten sehnen." Depressionen können die Folge sein: "Man funktioniert äußerlich tadellos, aber im Innern herrscht eine emotionale Leere." Doch es gibt durchaus Wege, aus diesem tradierten Verhaltensmuster herauszukommen. Innere Einkehr und Gespräche mit anderen Männern seien hilfreich, so der Experte: Zunächst einmal müsse es darum gehen, sich selbst urteilsfrei gegenüberzutreten und die eigene Beziehungsfähigkeit zu betrachten. Konzepte wie "Ich bin der Größte" oder "Männer sind Helden" müssten als haltlos entlarvt werden, um der Sehnsucht nach anderen Lebensbewältigungsmodellen Raum geben zu können. Daraus entstünden ganz automatisch Handlungsimpulse, zeigte sich Süfke überzeugt: Und im Umsetzen dieser Eingebungen seien Männer unschlagbar. Wer sich nicht ständig etwas beweisen müsse, wer auch "einfach mal an einer viel zu kleinen Parklücke vorbeifahren" könne, würde ein glücklicheres Leben führen. Die Kunst bestehe darin, in den eigenen Teich zu blicken, sich dabei nicht vom Spiegelbild der Oberfläche beirren zu lassen, sondern in die Tiefe zu schauen, in die heimliche, die unheimliche Innenwelt – und am Ende die Erkenntnis zu gewinnen: Dort unten in uns drin, lauert nicht der Feind.