[Die Presse, 06.08.2009] ERICH WITZMANN Die Rektorinnen der Pädagogischen Hochschulen sehen die Aufnahmekapazitäten für die Pflichtschullehrer-Ausbildung als erschöpft an. "Die Bachelor-Regelung greift jetzt", sagt Rektorin Ulrike Greiner. WIEN. „Wir sind alle überrascht worden.“ Dagmar Hackl, Rektorin der Pädagogischen Hochschule (PH) Wien, war auf den Ansturm zu den Lehrerhochschulen nicht vorbereitet. Etwa 800 Anmeldungen liegen vor, 400 bis 450 Studienanfänger kann sie nehmen. Für mehr reicht die Kapazität nicht. An der Kirchlichen PH Wien/ Krems (KPH) wird die Zahl der Studienanfänger gleich um 50 Prozent steigen (im Vergleich zum Studienjahr 2007/08). „Der Bachelor greift jetzt“, sagt Rektorin Ulrike Greiner. Im Oktober beginnt das dritte Jahr der auf Bachelor-Niveau angehobenen Ausbildung. Es gibt einen akademischen Abschluss und die Möglichkeit, an der Universität ein Masterstudium anzuschließen. Nach einem Kooperationsvertrag der KPH mit der Uni Wien müssen Absolventen ein einsemestriges Übergangsmodul nachholen, dann liegt die Berechtigung zum Masterstudium Bildungswissenschaft vor. Rektorin Greiner weist aber auch auf den prognostizierten Lehrerbedarf in drei bis fünf Jahren hin. „Es ist kein Beamtenjob mehr, es ist aber ein relativ sicherer Job.“ Schließlich registriert Greiner auch eine höhere Anzahl an Studieneinsteigern, die schon im einem Job tätig waren oder die von der Uni an die PH wechseln. Chancen in der Hauptschule Der größere Ansturm betrifft das Volksschullehramt. Deswegen werden Interessenten auf die neuen Chancen in der Hauptschule aufmerksam gemacht, auf ein Upgrading im Rahmen des Schulversuchs Neue Mittelschule und auf das künftige neue Dienstrecht. Einen Studienplatz werden übrigens alle erhalten, die jetzt die Aufnahmetests schaffen. Auch Dagmar Hackl sieht die Jobgarantie und die Akademisierung der Pflichtschullehrerausbildung als die Hauptargumente für den unerwarteten Andrang. Und auch die aufgehobenen Studiengebühren seien da zu nennen. An ihrer PH müssen alle Interessenten je einen Tag in einer Volksschule, Hauptschule, Sonderschule und AHS verbringen. „Darauf entschieden sich im Vorjahr rund 20 Prozent für einen anderen Beruf.“ Da es nach Ende der Aufnahmetests im September voraussichtlich noch immer zu viele Bewerber sein werden, wird sich die endgültige Zulassung nach den Ergebnissen dieser Tests richten müssen. Die Wiener Probleme gibt es an der FH Tirol nicht. „Bei uns kommen diese Trends mit einem Jahr Verzögerung“, sagt Vizerektor Georg R. Thaler. Man rechnet nach den Anmeldungen mit einer Steigerung um zehn Prozent. „Die PH platzt aus allen Nähten, für mehr Studierende würden wir mehr Ressourcen brauchen“, sagt Thaler. Die Werbekampagne, die Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) jetzt starten will, wird in Innsbruck begrüßt. In manchen Tiroler Bezirken treten in den nächsten vier Jahren 50 Prozent der Lehrer in den Ruhestand. In Wien hofft man, dass die Kampagne zur Qualitätssteigerung verhilft. „Sie soll die Besten für uns interessieren“, sagt Ulrike Greiner, „sie soll vor allem auch Männer ansprechen und Leute mit einer anderen beruflichen Praxis“. Derzeit sind zwei Drittel der Lehrer weiblich, an den Volksschulen sogar 89 Prozent. Bei den Direktorenposten sind hingegen 50 Prozent von Männern besetzt. Greiner glaubt, dass der Lehrerberuf nun auch für männliche Interessenten attraktiver wird. War früher die „Liebe zum Kind“ das ausschlaggebende Motiv für den Beruf, so werden jetzt auch das sachliche Interesse und die Möglichkeit zum Umstieg auf die Uni ins Treffen geführt. Nach ihrer Schätzung wechseln derzeit nur etwa 70 Prozent der Absolventen in den Schuldienst, 30 Prozent überlegen ein weiteres Studium oder einen Job in der Wirtschaft. Meinung S. 27 |