[Badische Zeitung, 15. Oktober 2009]
"Kinder entdecken Gesundheit" heißt in diesem Jahr das Motto der Ortenauer Grundschultage. Das Thema umspannt Ernährung ebenso wie zu viel Medienkonksum und den wachsenden Förderbedarf bei Jungen – ihnen fehlen häufig männliche Vorbilder.
Unter dem Motto "Science Kids – Kinder entdecken Gesundheit" stehen in diesem Jahr die Ortenauer Grundschultage. Die jährliche Veranstaltung will Grundschulen neue Handlungsfelder erschließen.
Am Dienstag fand die erste von insgesamt drei Grundschultag-Veranstaltungen in der Schwarzwaldhalle Appenweier statt. Morgen, Donnerstag, 22. Oktober, wird der Tag in Ichenheim wiederholt. Eine weitere Wiederholung ist vorgesehen, aber noch nicht terminiert.
Partner der Grundschultage ist die AOK, die gemeinsam mit dem Kultusministerium des Landes das Programm "Kinder entdecken Gesundheit" entwickelte. In zwei Vorträgen und insgesamt elf Workshops werden bei jedem der Grundschultage die Inhalte vorgestellt. Dazu erhalten die Lehrer umfangreiches Lehrmaterial. Dessen Aufbereitung erhält großes Lob von Joachim Schwab vom Staatlichen Schulamt Offenburg. Es biete eine großartige Orientierung, die Anleitungen seien leicht umsetzbar. Bettina Dürr, Ernährungsexpertin der AOK Ortenau, erklärt an einem einfachen Beispiel, wie die Experimente aussehen können: "Man bindet einen Teil des Armes in Plastikfolie ein. Damit kann man zeigen, wie der Körper Wasser verliert."
Die Kinder sollen spielerisch erfahren und erleben, wie der Körper funktioniert. Dazu gehöre auch das Thema Ernährung, das in dem Themenblock "Lebensmittel herstellen und genießen" behandelt werde. Die Ernährungsberaterinnen an den Schulen leisteten engagierte Arbeit. Dennoch habe sich der Ernährungszustand der Kinder weiter verschlechtert. Dürr: "Zeigefinger nützt nichts. Wir hoffen, dass es mit spielerisch-didaktischen Mitteln gelingt, etwas zu verändern." Entscheidend sei, dass man die Eltern als Partner gewinne. Laut Joachim Schwab beteiligen sich alle 120 Grundschulen des Ortenaukreises mit zwei bis fünf Vertretern am Grundschultag.
Durch die mehrfache Wiederholung will man den Lehrkräften Gelegenheit geben, möglichst viele der Workshops zu besuchen. Über die Ortenauer Grundschultage will das Staatliche Schulamt wichtige Bildungsfragen in den Fokus nehmen sowie die Kontakte unter den Schulen fördern. "Die Aufgaben, die auf die Grundschulen zukommen, sind immens", so Schwab. Problematisch sei zum einen die immer weiter auseinander gehende Schere zwischen übermotivierten und desinteressierten Eltern.
Generell gehe die "Kindheitsnorm" verloren – völlig unterschiedlich aufgewachsene und mit unterschiedlichen Erfahrungswelten ausgestattete Kinder finden sich in einem Klassenverband. Die Kinder seien häufig durch "mediale Erfahrungen" geprägt: Man probiert nicht mehr selber aus, sonst erlebt virtuelle Abenteuer am Bildschirm. Mittlerweile zeige sich, dass zwei Drittel der Problemkinder Jungen sind.
Bei ihnen, so Schwab, seien Lese-Rechtschreibschwächen oder Aufmerksamkeitsdefizite um ein Vielfaches häufiger als bei Mädchen. Das gelte europaweit, sei aber in Deutschland besonders ausgeprägt. Über die Gründe kann Schwab nur spekulieren: "Jungen wachsen heute in hohem Maß ohne männliche Vorbilder auf."
Männliche Erzieher seien in der Grundschule wie im Kindergarten die Ausnahme, viele Mütter seien alleinerziehend. "Jungs suchen sich dann in der virtuellen Welt ihre Vorbilder. Aber die taugen nicht für den Alltag." Man werde zukünftig verstärkt Aufmerksamkeit darauf verwenden müssen, wie man Jungs stützt.
Zur Aktion "Science Kids – Kinder entdecken Gesundheit" gibt es auch einen Schulwettbewerb. Weitere Infos unter www.sciencekids.de