Equally prepared for life [2009]




HOW 15-YEAR-OLD BOYS AND GIRLS PERFORM IN SCHOOL
PISA (Programme for International Student Assessment)




Vorurteile beeinflussen Schulleistung von Mädchen und Jungen


[Täglicher Anzeiger, Dienstag, 26. Mai 2009]
 
Die Leistungsunterschiede zwischen Jungen und Mädchen im Lesen und in Mathematik nehmen im Verlauf der Schullaufbahn zu. Begründet liegt dies unter anderem im mangelnden Vertrauen in die jeweiligen eigenen Fähigkeiten, wie aus einer in Berlin vorgestellten Sonderauswertung der PISA-Schulstudie hervorgeht. Männliche Schüler schneiden demnach in Mathe besser ab, während Schülerinnen beim Lesen überlegen sind.


Am Ende der Grundschulzeit erzielen Jungen und Mädchen in Mathematik nach Angaben der für die PISA-Studie verantwortlichen Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) noch fast die gleichen Ergebnisse. Im Alter von 15 Jahren schneiden aber die Jungen demnach in fast allen untersuchten Ländern besser ab. Beim Lesen sind Mädchen bereits in der Grundschule überlegen. Allerdings verstärkt sich der Unterschied in der weiteren Schullaufbahn.


Die Unterschiede liegen nach Ansicht der Bildungsforscher allerdings nicht in unterschiedlichen Begabungen begründet. So schneiden 15-jährige Mädchen im Bereich "Problemlösung" bei PISA ähnlich gut ab wie ihre männlichen Mitschüler, während sie beim Lösen mathematischer Probleme zurückliegen.


Die Studie erklärt dies unter anderem mit den Zweifeln von Mädchen an ihren mathematischen Fähigkeiten. OECD-Generalsekretär Angel Gurría erklärte dazu, es dürfe nicht akzeptiert werden, "dass Vorurteile wie "Lesen ist nichts für Jungen" oder "Mathe ist nichts für Mädchen" weiter bestehen." Solche Ansichten führten dazu, dass den Gesellschaften wichtiges Bildungspotenzial verlorengehe.


Berlin, 26. Mai (AFP) / © 2009 AFP

Grundschulen sind fest in Frauenhand

[Augsburger Allgemeine, 25 mai 2009]

Unterallgäu Rektor Rudolf Ruf kann sich wie der berühmte „Hahn im Korb“ fühlen. Er ist der „Herr über 43 Frauen“ und muss diese Rolle nur noch mit zwei weiteren männlichen Kollegen teilen. Doch Spaß beiseite. An den Grundschulen findet man fast nur noch Kolleginnen und auch an den Hauptschulen gibt es schon bald genauso viele „Fräuleins“ wie Lehrer. Und selbst im gymnasialen Bereich ist der Vormarsch der Frauen nicht mehr aufzuhalten. Doch es gibt auch eine Kehrseite der Medaille. Pädagogen fürchten, dass die Kinder keine männlichen Rollenvorbilder mehr haben. Dies sei umso gravierender, weil immer mehr Kinder ohne Vater mit alleinerziehenden Müttern aufwachsen müssten.

Das Staatliche Schulamt Unterallgäu legte folgende Zahlen vor, die den Trend bestätigen: Demnach unterrichten an den Grundschulen im Landkreis 265 Lehrerinnen und 44 Lehrer. An den Hauptschulen sind es 112 Lehrer und 96 Lehrerinnen.

An der Grundschule Mindelheim gibt es drei Lehrer und 43 Lehrerinnen. An der Volksschule Kirchheim unterrichten 14 Lehrerinnen und 11 Lehrer. Allerdings, so Rektor Anton Sonntag, seien die meisten Männer über 50 und werden also in absehbarer Zeit in den Ruhestand gehen. Und nachrücken werden, wie ein Blick in die Universitäten zeigt, vor allem Frauen. Also wird der Lehrkörper der Volksschule Kirchheim ebenfalls bald fest in weiblicher Hand sein.

Sonntag wie sein Kollege Rudolf Ruf aus Mindelheim, der auch Kreisvorsitzender des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes ist, sehen drei Ursachen für diese Entwicklung:

l Der Lehrerberuf sei nicht mehr so attraktiv wie früher. Dies schließe Bezahlung und gesellschaftliche Wertschätzung ein. Männer mit Studium würden in der freien Wirtschaft mehr verdienen.

l Frauen würden sich diesem Berufsfeld verstärkt zuwenden, weil man hier eigene Familie und Beruf gut koordinieren könne. Eine Lehrerin könne sich bis zu 12 Jahren beurlauben lassen. Außerdem gebe es große Teilzeitmöglichkeiten. Ruf: „Die Rate der Teilzeitbeschäftigten ist in den letzten zehn Jahren von 31 auf 40 Prozent gestiegen. Und in den neuen Bundesländern seien bereits 75 Prozent der Lehrer weiblich.

l Leider habe der Lehrerberuf auch an Ansehen verloren. Hinzu kämen negative Schlagzeilen: Disziplinlosigkeit vonseiten der Schüler, zu große Klassen und Klassen mit hohem Ausländeranteil. All diese Faktoren ließen junge Menschen darüber nachdenken, ob dieser Beruf noch anzustreben sei.

Männlichkeitslücke� in Ibbenbüren: Um die Jungs kümmern


[Borkener Zeitung, 14-05-09]

Von Wilm Froese

Ibbenbüren. Die Wirtschaftskrise ist männlich, Jugendgewalt ist männlich, die Frauen sind überall auf dem Vormarsch, weil sie das wirklich starke und intelligentere Geschlecht sind.

Das sind viel gehörte Schlagworte, denen gegenüber ein Buch mit dem Titel �Die Männlichkeitslücke. Warum wir uns um die Jungs kümmern müssen�, provokant wirkt. Kein Wunder, dass die Lesung von Dr. An-dreas Gössling aus seinem Buch am Mittwoch in der Familienbildungsstätte sehr gut besucht war.

Gemeinsam hatten die Fabi, die Stadtbücherei und der Buchladen Frank zu der Begegnung mit dem Coburger Germanisten eingeladen, der auch als Romanautor einen Namen hat. Davon war zunächst nicht viel zu merken, denn äußerst straff und Power-Point-unterstützt trug er seine Thesen vor, ohne Schnörkel und ohne Beispielerzählungen.

Eine nüchterne Bestandsaufnahme der Entwicklungen der vergangenen zwei Jahrzehnte ging voran: Jungen sind auf den Haupt- und Sonderschulen in der Mehrheit, auf den Gymnasien schon die Minderheit. Ihre Schulabschlüsse sind schlechter. �Eine vierspurige Verliererstraße� sei das Schulwesen für die �Jungs�. Das Verhältnis der Jugendlichen, die ihr Berufsleben mit Arbeitslosigkeit beginnen, verschob sich zum Nachteil der jungen Männer (wobei sich allerdings auch die Zahl der �typisch männlichen� Arbeitsplätze zugunsten der eher den Frauen zugeordneten Arbeitsplätze verminderte).

Von psychosomatischen Erkrankungen sind Jungen weit überproportional betroffen. Und Jugendgewalt ist fast ausschließlich Jungen anzulasten. All das unabhängig von Schultyp, ethnischer Herkunft, sozialer Stellung der Eltern oder der formalen Familienkonstellation.

Die Ursache sei auf gar keinen Fall, das Jungen wirklich weniger intelligent und wirklich krankheitsanfälliger seien. Aber zu dem seit Beginn der industriellen Revolution beklagten Rückzug der Väter aus der Erziehung komme nun auch ein fast totales Verschwinden männlicher Bezugspersonen in Vor- und Grundschule. Statt der bei Einführung der Schulpflicht befürchteten �öffentlichen Nebenväter� gebe es nun �öffentliche Nebenmütter�. Dadurch fehle den Jungen ein Vorbild, das allerdings nun nicht ein tradiertes Männerbild vermitteln solle.

Bedingt unter anderem dadurch gebe es eine �Bewertungskrise�, die die Jungen (nach einer von der Soziologin Heike Diefenbach durchgeführten Untersuchung) nicht nur bei der Wertigkeit ihrer speziellen Fähigkeiten etwa im technischen Bereich, sondern auch bei gleicher messbarer Leistung in der Beurteilung benachteilige. Und zwar in steigendem Maße mit steigendem Prozentsatz den Lehrerinnen an einer Schule.

Bei den Lösungsvorschlägen standen die Investitionen in die Bildung im Vordergrund. Einerseits müsste ein Studium Voraussetzung zum Erzieherberuf werden, der dann auch besser bezahlt werden müsse (�Tierpflegerinnen verdienen mehr als Erzieherinnen�). Andererseits müsse die Zahl der Schüler pro Lehrkraft drastisch gesenkt werden, auch um mehr Raum zu schaffen, damit Schülerverhalten nicht die Notengebung beeinflusst. Eine zweite Schiene zur Lösung sah Gössling in einer besseren Vernetzung der �beiden Hemisphären Bildungswesen und Wirtschaft�, was etwa zur Abschaffung der Hauptschule führen werde.

Und drittens müsse man nach Wegen suchen, wie ein modernes Männerbild durch �private Förderväter� und männliche Lehrer, die �näher bei den Schülern�, also auch jünger sein sollten, vermittelt werden kann. Denn im besten Fall suchen sich Jungen sowieso �psychosoziale Nebenväter� im Sportverein oder im Jugendtreff.

Anders als erwartet gab es in der Diskussion keine Kontroverse über die Thesen selbst, sondern überwiegend Berichte betroffener Eltern und Lehrpersonen. Viele bestätigten Gösslings Gedanken, die nach der detaillierten Darstellung und den von ihnen vorgetragenen Beispielen gar nicht mehr provokant wirkten. Die meisten wünschten sich aber als Sofortmaßnahmen viel zeitnähere Lösungsmöglichkeiten. Da war eine solche Veranstaltung, die diese nicht nur für die Betroffenen persönlich belastende, sondern auch volkswirtschaftlich nicht hinnehmbare Entwicklung in möglichen Ursachen und Wirkungen bewusst machte, ein erster Schritt.

Grundschulen sind fest in Frauenhand

[All-in.de,19.05.2009]

Unterricht - Rund 88 Prozent der Lehrkräfte im Landkreis sind weiblich - Experte: Familie und Beruf gut vereinbar - Teilzeitbeschäftigungen in den vergangenen Jahren gestiegen


Der Rektor der Mindelheimer Grundschule Rudolf Ruf kann sich wie der berühmte «Hahn im Korb» fühlen. Der Kreisvorsitzende des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes ist der «Herr über 43 Frauen» und muss diese Rolle nur noch mit zwei weiteren männlichen Kollegen teilen. Das Staatliche Schulamt Unterallgäu legte nun Zahlen vor, die diesen Trend bestätigen: Demnach unterrichten an den Grundschulen im Landkreis 265 Lehrerinnen und nur 44 Lehrer.

Selbst im gymnasialen Bereich ist der Vormarsch der Frauen nicht mehr aufzuhalten. Doch es gibt auch eine Kehrseite der Medaille. Pädagogen fürchten, dass die Kinder keine männlichen Rollenvorbilder mehr haben. Dies sei umso gravierender, weil immer mehr Kinder ohne Vater mit alleinerziehenden Müttern aufwachsen müssten.

Der allgemeine Trend ist nach Angaben von Helmut Berchtold auch an der Volksschule Markt Rettenbach zu spüren. «Ein ausgeglichenes Verhältnis wäre begrüßenswert, egal für welchen Schultyp», so der Rektor. Weshalb Frauen gerade an Grund- und Volksschulen die Oberhand haben, könne er jedoch nicht sagen. «Das ist ein weites Feld, mit dem sich auch die Wissenschaft auseinandersetzt», sagt Berchtold. Rudolf Ruf sieht drei Ursachen für diese Entwicklung:

l Der Lehrerberuf sei nicht mehr so attraktiv wie früher. Dies schließe Bezahlung und gesellschaftliche Wertschätzung ein. Männer mit Studium würden in der freien Wirtschaft mehr verdienen.

l Frauen würden sich diesem Berufsfeld verstärkt zuwenden, weil man hier Familie und Beruf gut koordinieren könne. Eine Lehrerin könne sich bis zu zwölf Jahre beurlauben lassen. Zudem gebe es große Teilzeitmöglichkeiten. Ruf: «Die Rate der Teilzeitbeschäftigten ist in den letzten zehn Jahren von 31 auf 40 Prozent gestiegen.» In den neuen Bundesländern seien bereits 75 Prozent der Lehrer weiblich.

Leider habe der Lehrerberuf auch an Ansehen verloren. Hinzu kämen negative Schlagzeilen: Disziplinlosigkeit vonseiten der Schüler, zu große Klassen und Klassen mit hohem Ausländeranteil.

All diese Faktoren ließen junge Menschen darüber nachdenken, ob dieser Beruf überhaupt noch anzustreben sei.

Mujeres acaparan hasta el 80% de las mejores notas en el colegio


[La Tercera,10/05/2009]

Un sondeo de La Tercera entre colegios de la capital reflejó que las mujeres están escalando posiciones en el rendimiento escolar, dejando a sus compañeros atrás.

El último resultado del Simce muestra una realidad que está recién comenzando a notarse en el país. Las niñas de cuarto básico dieron un salto de ocho puntos en Lenguaje, mientras que los niños aumentaron en cuatro puntos. En matemáticas, los resultados se mantuvieron similares a los del año pasado, con una brecha a favor de los niños, tal como sucede en otros test estandarizados internacionales.

Sin embargo, las mujeres parecen estar cada vez más apoderándose de los primeros lugares y quedándose con las mejores notas. En este escenario, ya no es extraño que en las premiaciones de fin de año el podio esté ocupado mayoritariamente por las niñas, según pudo determinar un sondeo realizado por La Tercera entre colegios de la capital. Algunos ejemplos: en el Santiago College, el 80% de los promedios entre 6,9 y 7 en los cursos de séptimo a cuarto medio los obtienen mujeres.

En el Redland, de nueve primeros lugares entre los mismos años, siete pertenecen a las niñas y dos son ocupados por niños. En el Pedro de Valdivia de Providencia, de 12 primeros lugares, 11 fueron para las mujeres. Mientras en el colegio Internacional Alba, de Maipú, el 84% de los premios a las mejores notas se los llevaron las niñas.

Esta es una tendencia que en el resto del mundo ha encendido acalorados llamados para "rescatar" a los niños. En Estados Unidos, acaba de presentarse el tercer libro del terapeuta familiar Michael Gurian sobre el tema, titulado "El propósito de los niños". En él asegura que la sociedad y la escuela han hecho cada vez más difícil que los varones encuentren su propósito en la vida, por lo que se han quedado atrás en términos de éxito escolar y posteriormente, en lo profesional.

En Estados Unidos el problema es tal, que de cada 100 niñas que son expulsadas de un colegio, 335 varones son echados, lo que repercute en su futuro: de 100 niñas que entran a la universidad, 77 hombres lo hacen.

En Chile, mientras el 8% de las niñas repite en enseñanza media, entre los varones lo hace el 10%. En educación superior, a pesar de que ellas obtienen menores puntajes en la PSU, se gradúan en mayor proporción: el 53% de los egresados es mujer.

Si bien ellas siempre han tenido más fama de responsables, el hecho de que superen a los varones en las notas y acaparen los primeros lugares es un fenómeno nuevo. "Que es influenciado por los roles que las mujeres están tomando en la sociedad actual, en la que cada vez más están integradas a la academia y al mundo del trabajo", dice Claudia Lagos, docente de la Facultad de Educación de la Universidad Diego Portales.

LAS CAUSAS
Entre las razones que hacen que los niños se estén quedando atrás, está la forma en que éstos enfrentan el aprendizaje: son más inquietos, se concentran menos y maduran después. Cerebralmente, los niños consolidan después su capacidad de lenguaje y enseñarles a leer a los cinco años es equivalente a hacerlo con las niñas a los tres años. Para María Alicia Haltegaray, sicóloga y PhD en Educación, además, hay un asunto de estilos de crianza. "Las niñas reciben más responsabilidades que los varones. En la universidad pasa lo mismo. Los hombres llegan tarde a clases, no toman apuntes. Todas las notas sobre 5,5 son de mujeres".

El estilo de crianza al que se refiere alude a que mientras las niñas ayudan al profesor en la sala o ponen la mesa en casa, los hombres están frente a los videojuegos.

"Aunque esto ha sucedido siempre, la diferencia se ha acentuado a favor de las niñas, porque éstas han cambiado de propósito: antes, su fin era formar familia y ser madres, y hoy desean ser profesionales exitosas", dice María Antonieta Mendoza, coordinadora del programa Coeducación de Género de la Umce.

Precisamente es el propósito el que parece estar fallando en los varones, según el experto norteamericano Leonard Sax, autor de numerosos libros sobre el tema. Para él, el "virus de la apatía", como le llama, se ha expandido entre los hombres: ellos prefieren quedarse sumidos en los videojuegos, algo que influye directamente en sus resultados académicos. Esto, porque entre sus pares es mucho mejor visto ser el mejor en el mundo virtual que tener las mejores notas.

Según explican los expertos, no se trata de exigir estándares de desempeño diferentes a hombres y mujeres, sino de llegar al mismo rendimiento por caminos diferentes. Si se mejora el desempeño de los niños, es probable que también mejore, o se mantenga alto el de las niñas. Una alternativa es que las clases favorezcan el debate, ya que esto ayuda a los niños y a las niñas a enfocarse en la defensa de un argumento y además agrega algo de competitividad, que siempre es atractiva para los varones. Otra es permitir el movimiento de los niños en la sala de clases, o usar elementos que se puedan manipular. También se puede echar mano a más material gráfico como cómics. Otra recomendación es revisar la estrategia de los colegios de empezar a enseñar a leer en kinder, ya que los niños aun no están aun preparados para iniciar su escolarización a los cinco años.

(4) Schule und Lernen - Jungen lernen anders



[RP-online, 07.05.2009]

Bei Jungen wird häufiger Legasthenie und ADHS diagnostiziert als bei Mädchen. Die Quote der Schulabbrecher ist höher, weit mehr Jungen als Mädchen besuchen Förderschulen. Sind Jungen die Verlierer im Bildungssystem?

Momentaufnahmen:

Morgenkreis, erste Klasse. Es dauert eine ganze Weile, bis jedes Kind seinen Platz gefunden hat. Die Jungen rangeln um die Plätze, rollen umher, schubsen, schreien, nur langsam legt sich der Lärm. Die Kinder erzählen reihum die Erlebnisse vom Wochenende. Fabian kann nicht warten, bis er an der Reihe ist, und ruft häufiger dazwischen. Nach fünf Minuten werden vor allem die Jungen unruhig, rutschen auf ihren Plätzen herum, der Erste muss zur Toilette.

Regenpause, erste Klasse. Sechs Jungen sitzen auf dem Boden und bauen mit Lego. Außer einigen Streitigkeiten um bestimmte Bauelemente wird konzentriert gearbeitet.

Deutsch, erste Klasse. Lukas soll einen Satz von der Tafel abschreiben. Er bemüht sich sichtlich, hat aber große Schwierigkeiten, die Liniatur einzuhalten. Seine Buchstaben wirken ungelenk und ausladend. Er radiert mehrmals. Das Ergebnis stellt ihn und die Lehrerin nicht zufrieden. Frust.

Montagsgeschichten, vierte Klasse. Christian ist nach fünf Minuten fertig und präsentiert einen Bericht, der aus zwei Sätzen besteht, deren Buchstaben man nur mühsam entziffern kann. Nach einem tadelnden Einwand der Lehrerin schreibt er widerwillig weitere Sätze und fügt eine Strichmännchen-Zeichnung hinzu.

Spielpause auf dem Hof. Mit dem Pausenzeichen entlädt sich der aufgestaute Bewegungsdrang beim Hinausstürmen und Drängeln. Ruppig wird um die besten Plätze an der Tischtennisplatte gestritten. Mehrere Jungen kämpfen miteinander, was von der Pausenaufsicht sofort unterbunden wird.

Sachunterricht, vierte Klasse, Thema Strom. Sezer fährt routiniert den Computer hoch, findet die angegebene Internetseite unter den Favoriten und beginnt mit der Arbeit. Alexander vertieft sich in ein Sachbuch und erklärt später, wie ein Wasserkraftwerk funktioniert. Philipp, Marvin, Tim und Sebastian sitzen auf dem Boden vor der Tafel und bauen aus dem bereitgestellten Material eine Parallelschaltung.

Diese Beispiele zeigen deutlich, dass Jungen anders lernen als Mädchen. Jungen sind bei Schuleintritt nachgewiesenermaßen genau so intelligent, haben aber Defizite in Sprachleistung, Feinmotorik und sozialer Kompetenz. Ihre Stärken sind Grobmotorik, Lernen durch Handeln (Trial and Error), raumbezogene Fähigkeiten.

Wie reagiert Schule auf diese körperbetonte, expressive Wesensart?

Da Kernkompetenzen wie Teamfähigkeit, Kommunikationstalent und Empathie gefragt sind, haben die Mädchen eindeutig die Nase vorn. Sie sind williger, sich anzupassen, können länger still sitzen, stören weniger den Unterricht, streiten eher verbal, sind sprachgewandter und schreiben schöner.

Ordentlich geführte Hefte sind bei den meisten Jungen ein Dauerstressthema. Sie lesen weniger, was möglicherweise an der Auswahl des Lesestoffes liegt. Jede harmlose Rangelei, in der Rangordnung geklärt werden soll, steht unter Gewaltverdacht und wird unterbunden. Jungen werden bei gleicher Leistung schlechter bewertet. Sie werden schneller pathologisiert.

Was muss sich ändern?

- Gender-Aspekte müssen in der Ausbildung der Lehrer- und ErzieherInnen eine größere Rolle spielen.
- Um der Lese-Unlust entgegenzuwirken, ist es sinnvoll, sachorientierte oder jungenspezifische Texte in den Unterricht zu integrieren.
- Eine gute Möglichkeit, Spannungen abzubauen, sind ritualisiertes Kämpfen oder Tobespiele.
- Da sich Jungen aus Ermangelung professioneller Vorbilder in der Schule oft an Stereotypen aus den Medien orientieren, muss ein reales Männerbild vermittelt werden.
- Visuell dominierende Medien, wie der Computer, müssen stärker in den Unterricht einbezogen werden, um den Neigungen der Jungen entgegenzukommen.
- Jungen lernen über Erleben und Bewegung, Versuch und Irrtum, deswegen müssen handlungsorientierter Unterricht sowie der Aspekt
„Bewegte Schule“ noch mehr in den Mittelpunkt rücken.
- Es müssen viel mehr männliche Kollegen im Elementar- und Primarbereich arbeiten.

Ausbildung entscheidet über Zukunft. Bereits in Kindergarten und Grundschule werden die Weichen für späteren Erfolg oder Misserfolg auf dem weiteren Bildungsweg gestellt. Umso wichtiger ist frühzeitige Prävention.

Jungs sind Verlierer in der Schule!


[Hamburger Morgenpost, Dienstag, 5.05.2009]

SANDRA SCHÄFER

Sitzenbleiber, Störer, Sonderschüler und Schulabbrecher. Sie alle haben eins gemeinsam: Sie sind in der großen Mehrzahl Jungen. Denn das "starke Geschlecht" schwächelt und gerät vor allem in Schule und Ausbildung zunehmend ins Hintertreffen. Nach 30 Jahren erfolgreicher Mädchenarbeit sind sich Pädagogen einig, dass zu wenig für Jungen getan wurde. Hamburg soll nun einen Jungenbeauftragten bekommen. Zudem ist geplant, mehr Männer für den Beruf des Erziehers und des Lehrers zu gewinnen.

Die Probleme beginnen meist schon in der Grundschule. Jungen können nicht so gut stillsitzen und konzentriert arbeiten. Sie sind schlechter organisiert und machen Unsinn, statt dem Unterricht zu folgen. Tatsächlich wird bei weitaus mehr Jungen als Mädchen das Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADS) diagnostiziert. "Wenn du nur zwei solcher Störer in der Klasse hast, die über Tische und Bänke gehen, dann blockieren die den Unterricht", schildert eine Lehrerin aus Bahrenfeld.

Auch Lese- und Rechtschreibschwäche tritt bei Jungen doppelt bis drei Mal so häufig auf. Mädchen sind besser in der Kommunikation, sie verstehen leichter, was der Lehrer meint, und sie sind teamfähiger. Diese Erfahrung hat Frank Beuster, Lehrer und Autor des Buches "Die Jungenkatastrophe" gemacht. Das bedeutet für Jungen: "Sie sehen sich selbst zunehmend als Störer und Verlierer in der Schule." Die Folge sind schon früh Schulfrust und Aggressivität. Was sich nicht selten in Schwänzen oder Prügeleien auf dem Schulhof entlädt. "Oder Jungs machen den Klassenclown", so Publizist Alexander Bentheim ("Was Jungen brauchen"), "ein beliebtes Rollenbild von überforderten Jungen, wenn der Druck zu groß wird."

Und der Leistungsdruck ist oftmals hoch. Denn Eltern von Jungen plagen häufig schon früh Zukunftssorgen. Ohne einen guten Schulabschluss gibt es kaum Hoffnung auf eine Lehrstelle. Und die klassischen Männerberufe sterben aus. So wird Leistungsdruck erzeugt, damit die Noten trotzdem stimmen. Doch Jungen bleiben viel häufiger sitzen als Mädchen, in den Klassen fünf und sechs etwa sind 63 Prozent der Wiederholer Jungen. Sie gehen häufiger auf Haupt- und Sonderschulen, und 59 Prozent der Schüler, die die Schule ohne Abschluss verlassen, sind Jungen. Bei den Abiturienten hingegen machen sie nur 43 Prozent eines Jahrgangs aus.

"Mädchen haben am Ende der Schulzeit die besseren Zeugnisse und die besseren Bewerbungsmappen", so Frank Beuster. "Wen wundert es, dass sie eher eine Lehrstelle bekommen?" Doch was ist die Ursache des massenhaften Schulscheiterns von Jungen? "Jungen brauchen viel mehr Wildheit, als ihnen von der Gesellschaft zugebilligt wird", sagt Bentheim. "Sie werden in der Schule ständig begrenzt und diszipliniert. Dabei verstehen sie oftmals nicht einmal die Regeln, an die sie sich halten sollen." Gerade typisch "männliche" Angewohnheiten fallen bei größtenteils weiblichen Lehrerkollegien negativer auf. Gleichzeitig fehlen die typischen männlichen Rollenvorbilder.

Lesen Sie morgen: So arbeiten Männer als Pädagogen

Info:

Nur 43 Prozent der Abiturienten sind Jungen

Jungen in Hamburg gehen häufiger auf die Hauptschule als Mädchen, sie bleiben häufiger sitzen, und sie fallen öfter als Problemfälle auf. Die MOPO hat interessante Zahlen zusammengestellt, die belegen, dass in vielen Bereichen die Jungen das Nachsehen haben.

65 Prozent der verspätet eingeschulten/zurückgestellten Kinder sind Jungen - der Rest Mädchen.

59 Prozent der Jugendlichen, die ohne Hauptschulabschluss abgehen, sind Jungen, der Rest Mädchen.

56 Prozent der Hauptschulabschließer sind Jungen.

Nur 43 Prozent der Abiturienten sind Jungen.

63 Prozent der Wiederholer in der 5. und 6. Klasse sind Jungen.

65 Prozent der von der Einschulung Zurückgestellten sind Jungen.

"Frauen und Männer gleichermaßen geeignet"


[29. April 2009]

Viel zu wenige Männer interessieren sich für den Lehrberuf beklagt Dagmar Hackl, Direktorin der PH Wien, im derStandard.at-Interview

Der männliche Lehrer war in früheren Zeiten fast eine Institution, heute sieht man jedoch vergleichsweise wenige von ihnen in den Klassenzimmern. Besonders der Unterricht an Volksschulen ist mittlerweile von Frauen dominiert. Eine Entwicklung, der man an der Pädagogischen Hochschule Wien gegensteuern will. Deshalb stand auch der diesjährige Informationstag unter dem Motto "Männer in den Lehrberuf". Dagmar Hackl, Direktorin der PH Wien, ist überzeugt: "Frauen und Männer sind für diese Arbeit im gleichen Maße geeinigt". Im Interview mit derStandard.at spricht sie über den mangelnden Status des Berufsbildes, der viele Männer abschreckt.


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derStandard.at: Warum bemühen Sie sich an der PH Wien konkret Männer anzusprechen?
Hackl: Wir haben viel zu viele weibliche Volksschullehrerin. Das ist ein Problem, da wir in der Gesellschaft auch das gleichberechtigte Bild von Männern und Frauen widerspiegeln wollen. Kinder sollen sich auch schon in der Grundschule mit beiden Geschlechterrollen auseinandersetzen können. Derzeit gibt es viel zu wenig Männer, die Volksschullehrer werden wollen. Bei uns sind es 7 bis 9 Prozent. Im Hauptschulbereich sind es etwas mehr: 15 bis 17 Prozent der Studierenden sind männlich. Nach unsererem Informationstag speziell für Männer haben sich die Anmeldungen für den Hauptschulbereich erhöht. Bei den Anmeldungen für die Grundschule haben wir hingegen nur eine mehr als im vorigen Jahr.

derStandard.at: Haben Sie eine Erklärung dafür, warum der Lehrberuf für Männer wenig attraktiv zu sein scheint?
Hackl: Es ruft jedes Arbeitsfeld geschlechterspezifische Bilder in der Gesellschaft hervor. In den letzten Jahren hat es eine sehr große Feminisierung vieler Berufsfelder gegeben, wenn man etwa an die Pflegeberufe oder auch an den Beruf der Volksschullehrerin denkt. Da haben sich Stereotype entwickelt, die die Verweiblichung dieses Berufsbildes mit sich gebracht haben. Die Arbeit mit jungen Kindern ist eine, die mehr den Frauen zukäme, wird angenommen. Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass eine gewisse Statusminderung dieser Berufe bei der männlichen Bevölkerung präsent wird. Sehr stark männlich dominierte Berufe sind traditionell immer mit dem Status der Kraft und Wichtigkeit verbunden. Daher glaube ich, dass die Attraktivität des Lehrberufs sehr unter diesen Gesellschaftsbildern, die entstanden sind, leidet. Gerade die Arbeit mit jüngeren Kindern ist aber einer der wichtigsten Bereiche in unserem Schulsystem, in dem sehr professionell agiert wird. Frauen und Männer sind für diese Arbeit im gleichen Maße geeignet.

derStandard.at: Scheitern männliche Bewerber vielleicht eher an den Aufnahmeverfahren?
Hackl: Es kommt erst gar nicht zu diesem Zugang, denn sie bewerben sich fast gar nicht. Wenn, dann ausschließlich für die Arbeit mit älteren Kindern, also ab 10 oder 14 Jahren. Der Männermangel betrifft vorwiegend die Grundschule. Wir brauchen auch hier Männer, die diesen Beruf anstreben.

derStandard.at: Sind es nur Berührungsängste oder ist die Tatsache, dass so wenige Männer an dem Beruf interessiert sind, vielleicht auch eine Gehaltsfrage?
Hackl: Ich glaube, weil gerade in diesem Bereich Männer und Frauen gleich bezahlt werden, gibt es hier keine geschlechterspezifischen Unterschiede. Es gibt ein Einstiegsgehalt, dass sich junge Akademiker männlichen Geschlechts vielleicht nicht erwarten, wobei natürlich im derzeitigen Dienstrecht und Gehaltsschema die Steigerung schon so ist, dass nach einigen Jahren sicherlich auch eine sehr gute Position erreicht werden kann. Natürlich werden Akademiker, die in der AHS unterrichten, höher bezahlt. Aber der Unterschied ist nicht so eklatant, dass man meinen müsste, dass er stark ins Gewicht fällt.
Ein großes Problem in diesem Bereich ist eher, dass es fast keine Karriereverläufe gibt. Es ist sehr schwierig jungen Männern zu erklären, wie ihre Karriere aussehen kann. Viele möchten oft nicht für immer an der Volksschule bleiben. Sie wollen sich entwickeln und da haben wir in diesem Schulsystem zu wenige Ansatzpunkte.

derStandard.at: Was könnte man außer Bewusstseinsbildung noch tun, um den Lehrberuf für Männer attraktiver zu machen?
Hackl: Ich glaube, dass man darauf hinweisen muss, dass gerade das Berufsfeld der Volksschullehrer und Volksschullehrerinnen das Wesentlichste ist, weil hier alles anfängt. Eine hohe Professionalisierung, das große Know-How, das diese LehrerInnen haben müssen, ist die Grundlage für jede weitere Schullaufbahn. Es muss klargemacht werden, dass der Beruf der Volksschullehrers genaus professionell ist und ebenso gewertet werden muss wie der der LehrerInnen an den AHS. Das ist eine gesellschaftspolitische Entwicklung, die wir vorantreiben müssen. Dann wird sich das Problem des Lehrer-Mangels auch mit der Zeit geben. Österreich liegt bei den Quoten zwar im unteren Drittel, aber der unterdurchschnittliche Männer-Anteil bei den LehrerInnen ist ein weltweites Problem.

derStandard.at: Aus welchen Beweggründen entscheiden sich denn dann doch manche - wenn auch wenige - Männer für die Ausbildung zum Volksschullehrer?
Hackl: Zwei, mit denen ich gesprochen habe, hatten vorher schon mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet. Sie sind im Laufe ihrer persönlichen Arbeit draufgekommen, dass sie sehr gerne auch schon mit kleineren Kindern arbeiten würden. Vorher haben sie gedacht: "Das ist nichts für Männer" und sind dann im Laufe der Zeit draufgekommen, wie erfüllend die Arbeit mit kleineren Kindern ist. Einige andere, die sich jetzt für die Ausbildung zum Volksschullehrer interessieren, haben hingegen von vornherein gesagt: sie wollen das einfach, weil sie meinen, dass sie dort richtig in ihrer Berufswahl sind.

derStandard.at: Hat der Lehrer-Streit Auswirkungen auf die Bewerber-Zahlen?
Hackl: Wir stellen fest, dass wir mehr Voranmeldungen haben als voriges Jahr. Die, die dieses Studium jetzt beginnen werden in drei, vier Jahren in den Beruf gehen. Dann werden wir einen starken Lehrermangel haben. Deshalb haben sie mit großer Wahrscheinlichkeit gute Jobchancen, die fast schon eine Jobgarantie sind.
(Teresa Eder/derStandard.at, 3.5.2009)