Grundschulen sind fest in Frauenhand

[Augsburger Allgemeine, 25 mai 2009]

Unterallgäu Rektor Rudolf Ruf kann sich wie der berühmte „Hahn im Korb“ fühlen. Er ist der „Herr über 43 Frauen“ und muss diese Rolle nur noch mit zwei weiteren männlichen Kollegen teilen. Doch Spaß beiseite. An den Grundschulen findet man fast nur noch Kolleginnen und auch an den Hauptschulen gibt es schon bald genauso viele „Fräuleins“ wie Lehrer. Und selbst im gymnasialen Bereich ist der Vormarsch der Frauen nicht mehr aufzuhalten. Doch es gibt auch eine Kehrseite der Medaille. Pädagogen fürchten, dass die Kinder keine männlichen Rollenvorbilder mehr haben. Dies sei umso gravierender, weil immer mehr Kinder ohne Vater mit alleinerziehenden Müttern aufwachsen müssten.

Das Staatliche Schulamt Unterallgäu legte folgende Zahlen vor, die den Trend bestätigen: Demnach unterrichten an den Grundschulen im Landkreis 265 Lehrerinnen und 44 Lehrer. An den Hauptschulen sind es 112 Lehrer und 96 Lehrerinnen.

An der Grundschule Mindelheim gibt es drei Lehrer und 43 Lehrerinnen. An der Volksschule Kirchheim unterrichten 14 Lehrerinnen und 11 Lehrer. Allerdings, so Rektor Anton Sonntag, seien die meisten Männer über 50 und werden also in absehbarer Zeit in den Ruhestand gehen. Und nachrücken werden, wie ein Blick in die Universitäten zeigt, vor allem Frauen. Also wird der Lehrkörper der Volksschule Kirchheim ebenfalls bald fest in weiblicher Hand sein.

Sonntag wie sein Kollege Rudolf Ruf aus Mindelheim, der auch Kreisvorsitzender des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes ist, sehen drei Ursachen für diese Entwicklung:

l Der Lehrerberuf sei nicht mehr so attraktiv wie früher. Dies schließe Bezahlung und gesellschaftliche Wertschätzung ein. Männer mit Studium würden in der freien Wirtschaft mehr verdienen.

l Frauen würden sich diesem Berufsfeld verstärkt zuwenden, weil man hier eigene Familie und Beruf gut koordinieren könne. Eine Lehrerin könne sich bis zu 12 Jahren beurlauben lassen. Außerdem gebe es große Teilzeitmöglichkeiten. Ruf: „Die Rate der Teilzeitbeschäftigten ist in den letzten zehn Jahren von 31 auf 40 Prozent gestiegen. Und in den neuen Bundesländern seien bereits 75 Prozent der Lehrer weiblich.

l Leider habe der Lehrerberuf auch an Ansehen verloren. Hinzu kämen negative Schlagzeilen: Disziplinlosigkeit vonseiten der Schüler, zu große Klassen und Klassen mit hohem Ausländeranteil. All diese Faktoren ließen junge Menschen darüber nachdenken, ob dieser Beruf noch anzustreben sei.