Jungen fehlen die männlichen Vorbilder

[Rhein-Berg/Oberberg, Mittwoch, 25. Juni 2008]

VON STEPHANIE PEINE

Hilfe für Jungen hat keine Lobby. Ohne Unterstützung ist die Arbeit des Forums Jungenarbeit gefährdet. Es setzt sich aus Mitarbeitern von Beratungseinrichtungen, Kindergärten, Schulen und anderen sozialen Einrichtungen zusammen.

Bergisch Gladbach
- Jungen haben immer seltener männliche Vorbilder in der Familie. Und was im häuslichen Umfeld fehlt, setzt sich auch im Kindergarten und der Grundschule fort. Jungen benötigten aber begreifbare Vorbilder wie Väter, Onkel, Erzieher und Lehrer, die mit ihnen gemeinsam hinter die Fassade idealisierter Männlichkeitsbilder schauten. „Umso wichtiger ist die geschlechtsspezifische Jungenarbeit“, so der Diplom Sozialarbeiter Roberto Dassum. Zu diesem Zweck gründete sich vor einigen Jahren das Forum Jungenarbeit. Es setzt sich aus Mitarbeitern von Beratungseinrichtungen, Kindergärten, Schulen und anderen sozialen Einrichtungen zusammen. Doch nach dem Wegfall von RegioNet sei dieses Gremium weitgehend auf sich selbst gestellt, habe keine Lobby. Wir leben vom freiwilligen Engagement der etwa zwölf Mitarbeiter, berichtet Dassum.

Ohne personelle und finanzielle Unterstützung sei die Arbeit nur noch eingeschränkt zu leisten, wandte er sich jüngst auch mit der Bitte um Unterstützung an die Fraktionen im Stadtrat. „Wir haben keine Lobby, bedauerte Dassum. Stattdessen sehen man sich häufig dem Verdacht ausgesetzt, Jungen zu „verweiblichen“. In Wahrheit gehe es um die Erweiterung des Selbstbewusstseins von Jungen, sich selbst mit Stärken und Schwächen kennen zu lernen.

Immer mehr Jungen fielen durch massive Probleme in Elternhaus und Schule auf. „Das zeigt sich ganz deutlich in den Jugendberatungsstellen“, sagte Dassum. „Die meisten Schulschwänzer und Schulabbrecher sind Jungen, sie fallen häufiger durch Gewalt auf und sind überproportional in den Förderschulen vertreten. All das sind deutliche Zeichen für die Wichtigkeit geschlechtsspezifischer Arbeit.

Die geschlechtsspezifische Jungenarbeit sei keine Methode oder Technik, sondern eine Auseinandersetzung mit Jungen - eine Lebenseinstellung wie der Feminismus. Sie dürfe auch nicht als eine Art Feuerwehr missverstanden werden, sondern müsse mehr sein als Gewaltprävention und Kriminalitätsvorbeugung. Geschlechtsbezogene Jungenarbeit habe eine emanzipatorischen Ansatz, möchte heranwachsenden Männern Selbstvertrauen vermitteln und dadurch Gewalt verhindern.

Bisher werde ihre Arbeit im wesentlichen nur von der Initiative der Ordensträgerinnen im Rheinisch-Bergischen Kreis (IdO) unterstützt. Der Zusammenschluss von Frauen, die mit dem Bundesverdienstorden ausgezeichnet wurden, finanziere Fortbildungsangebote für Lehrer, Erzieher und andere Multiplikatoren. So hofft man, Inhalte zu transportieren und für das Thema zu sensibilisieren. Leider, so Dassum, zeigten sich die Schulen bisher wenig interessiert.

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