"Ausgrenzen, Mobben und Zuwendungsentzug"


[derStandard, 25. Juni 2008]

Mädchenklassen bringen "Mädchenkonflikte" - Warum ein Abgehen von der Koedukation trotzdem gut sein kann, erklärt Direktorin Schrodt im derStandard.at-Interview

Die AHS Rahlgasse im sechsten Bezirk von Wien war das erste Mädchengymnasium Wiens, seit 1978 können auch Buben die Schule besuchen. Entsprechend bemüht ist man daher, geschlechtssensibel und gendergerecht zu unterrichten. Zwei Mal gab es seither an dieser Schule den Versuch wieder Mädchenklassen zu etablieren - zwei Mal ist der Versuch gescheitert. Kann der Unterricht in geschlechtergetrennten Klassen funktionieren? Ist das der richtige Weg, um die Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der Gesellschaft zu stärken? derStandard.at hat mit Direktorin Heidi Schrodt über ihre Motivation, geschlechtssensible Pädagogik im Unterricht zu verankern, gesprochen. Die Fragen stellte Teresa Eder.

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derStandard.at: In der AHS Rahlgasse gab es sowohl in den Jahren 1994 bis 1996 als auch 2002 bis 2004 den Versuch eine Mädchenklasse zu etablieren – warum sind diese Versuche beide Male gescheitert?

Schrodt: Wir haben nicht mit so massiven Widerständen gerechnet - vor allem von außen. Schon in der Einführungsphase war der damalige Stadtschulratspräsident Scholz vehement dagegen. Er hat gesagt, dass er diesem reaktionären Unsinn niemals zustimmen wird. Heute sieht er das allerdings ganz anders. Ab dem zweiten Schuljahr gab es auch innerhalb der Schule Widerstand. Die Mädchenklasse wurde sowohl von Mädchen als auch Burschen der Parallelklassen als „Hurenklasse“ beschimpft.

derStandard.at: Wie erklären Sie sich die Abwehrhaltung der Parallelklassen?

Schrodt: Die Mädchen aus der Mädchenklasse waren sehr selbstbewusst durch den Unterricht. Es ist bekannt aus der Koedukations-Forschung, dass die Räume in Schulen und an öffentlichen Plätzen hauptsächlich von Buben besetzt werden. So war es auch bei uns an der Schule. Plötzlich haben sich aber die Mädchen aus der Mädchenklasse ihren Raum genommen und Gänge besetzt. Sie sind dadurch wahrgenommen worden in ihrem Selbstbewusstsein.Die negativen Etikettierungen waren der Grund, warum wir das Projekt nicht fortgesetzt haben. Es war ein gemeinsamer Entschluss, auch wenn ein Teil der Eltern und Schülerinnen eigentlich weitermachen wollte.

derStandard.at: Warum haben Sie es dann im Jahr 2002 noch einmal probiert?

Schrodt: Die zweite Mädchenklasse hat sich ergeben, weil so viele Mädchen Französisch gewählt haben. Damals haben wir diesen Umstand, dass nur Mädchen in der Klasse sind, nicht speziell thematisiert und als Programm deklariert. Es gab weniger Gerede, es ist aber auch nicht so viel weitergegangen.

derStandard.at: Worin hat sich der Unterricht in der Mädchenklasse von jenem in anderen Klassen unterschieden?

Schrodt: Es gab eine Menge fächerübergreifender Projekte, die Mädchen haben zum Beispiel Frauenhäuser besucht und in allen Fächern wurden Frauenthemen behandelt.

derStandard.at: Wie kann man im Physik-Unterricht Frauenthemen unterbringen?

Schrodt: Das ist nicht schwierig. Es gibt genügend interessante Physikerinnen.

derStandard.at: Wie hat sich der Unterricht auf die Mädchen ausgewirkt?

Schrodt: Wie gesagt, sie waren sehr selbstbewusst. Die Leistungen waren sehr gut, auch die Teamarbeit. Das hat sich bis zur Maturaklasse fortgesetzt. Die Klasse war sehr schön gestaltet. Irgendjemand hat einmal gesagt, dass es dort wie in einem verlängerten Mädchenwohnzimmer aussieht.Was allerdings auch zu Tage getreten ist, sind Mädchenkonflikte. Die waren zwar nicht häufiger als im normalen Schulalltag - aber dadurch dass die Störungen von Buben meistens so offensichtlich sind, dass man andere Konflikten leicht übersieht, sind sie natürlich in der Mädchenklasse besonders aufgefallen. Dieses Ausgrenzen, Mobben und der Zuwendungsentzug, den es unter Mädchen oft gibt, war auf einmal am Tisch. Da haben auch wir Lehrerinnen viel dazugelernt.

derStandard.at: Nachdem der Versuch beendet worden ist, sind Buben in die Klassen gekommen. War das ein Problem?

Schrodt: Ja, das war zum Teil ein Problem, vor allem bei der ersten Mädchenklasse. Die selbstbewussten Mädchen haben nicht akzeptiert, dass da jemand kommt und das Kommando übernehmen will. Da musste im Unterricht sehr viel gearbeitet werden. Es war für die Buben aber auch nicht leicht, weil sie in eine deklarierte Mädchenklasse gekommen sind.

derStandard.at: Die Projekte haben nicht so funktioniert, wie sie sollten. Kann man daraus ableiten, dass geschlechtergetrennter Unterricht nicht zielführend ist?

Schrodt: Nein, es gibt sicherlich Phasen, wo das Sinn macht. Vor allem in der Pubertät ist es gut, wenn man geschlechtshomogene Räume schafft. Es sollte nur niemals ausschließlich sein. Ich bin nicht für getrennte Schulen und grundsätzlich eine Befürworterin der Koedukation. Es muss aber möglich sein, Räume zu schaffen, wo Mädchen und Buben für sich sein können.

derStandard.at: Diese geschützten Räume - wozu sind sie gut?

Schrodt: In einem koedukativen Zusammenhang ist es zum Beispiel sehr schwierig Burschen vom „Cool-Sein“ wegzukriegen. „Cool-Sein“ ist eine wichtige Metapher. Das Unterricht-Stören und das Freche ist positiv besetzt. Ein cooler Bursch ist umso akzeptierter, je mehr von diesen Verhaltensweisen er zeigt. Das gilt für Mädchen nicht. Wenn Buben dieses Verhalten ablegen sollen, dann verlieren sie an Renommee und das zu thematisieren, ist in einer reinen Bubengruppen leichter. Wenn man ausschließlich in geschlechtshomogenen Gruppen arbeitet, kann sich solches Verhalten allerdings auch verstärken. Wir hatten auch einmal eine reine Bubenklasse an der Schule – da haben alle ein besonders lautes und rüpelhaftes Verhalten an den Tag gelegt.

derStandard.at: Welche Konsequenzen haben sie aus den Projekten rund um die „Mädchenklassen“ gezogen – wie gestaltet sich der geschlechtssensible Unterricht jetzt an Ihrer Schule?

Schrodt: Wir wissen jetzt, dass Ausgewogenheit sehr wichtig ist. Es muss auch Maßnahmen geben, wo die Kategorie Geschlecht nicht thematisiert wird. Andererseits gibt es bei uns nach wie vor Fächer, wo geschlechtergetrennter Unterricht stattfindet: Werken zum Beispiel. Bei uns kann man nicht wählen zwischen textilem oder technischem Werken. So wird das textile Werken nicht automatisch als etwas Weibliches festgesetzt und die Buben können sich in einem geschützten Rahmen damit auseinandersetzen. Das Pflichtfach „Lernwerkstatt“, das wir vor 13 Jahren eingeführt haben, wird auch getrennt unterrichtet. Dieses Fach dient – vereinfacht gesagt – dazu, forschen zu lernen.
Als weitere Maßnahme haben wir Streithelferinnen und Streithelfer aber auch Gleichberechtigungsbeauftragte unter den Schülerinnen und Schülern. Diese Funktionen sind auch bei Buben sehr beliebt. Wenn man Angeboten für Buben macht, dann sollte man darauf schauen, dass es prestigeträchtig ist und nicht nach Sozialarbeit riecht. Zusätzlich bieten wir eigene Mädchen-Sprechstunden, Selbstverteidigungskurse und Gender-Tage an. An diesen Tagen sind die Klassen in Workshops eingeteilt. Mädchen können zum Beispiel Mopeds repariert oder Bäume bei einem Förster fällen. Bei den Burschen war letztes Mal ein Vater, der in Karenz war und über seine Erfahrungen bei der Geburt und der Schwangerschaft gesprochen hat. Einige Buben waren im Hort oder Kindergarten arbeiten, zwei davon haben jetzt mit Kindergartenpädagogik begonnen.

derStandard.at: Sie sind in der Expertenkommission für die Neue Mittelschule von Bundesministerin Claudia Schmied. Inwiefern spielt bei diesen Beratungen geschlechtssensible Pädagogik eine Rolle?

Schrodt: Ich muss es ganz stark einbringen. Diese Kategorie wird leider noch nicht automatisch miteinbezogen wie zum Beispiel in Schweden. Als erstes müsste die Lehrerausbildung reformiert werden. Es kann noch so tolle Konzepte für geschlechtssensible Pädagogik geben - wenn die Lehrer nicht das Bewusstsein dafür haben, hilft das alles nichts. (Teresa Eder/derStandard.at, 24.6.2008)

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AHS Rahlgasse Zur Person Heidi Schrodt hat Germanistik und Anglistik an der Universität Wien studiert. Seit 1992 ist sie Direktorin an der AHS Rahlgasse im sechsten Wiener Gemeindebezirk. Zahlreiche Publikationen insbesondere zu Gender- und Koedukationsfragen. 2005 erhielt sie den Wiener Frauenpreis. Schrodt über sich selbst: "Ich bezeichne mich gerne als Feministin."

Jungen fehlen die männlichen Vorbilder

[Rhein-Berg/Oberberg, Mittwoch, 25. Juni 2008]

VON STEPHANIE PEINE

Hilfe für Jungen hat keine Lobby. Ohne Unterstützung ist die Arbeit des Forums Jungenarbeit gefährdet. Es setzt sich aus Mitarbeitern von Beratungseinrichtungen, Kindergärten, Schulen und anderen sozialen Einrichtungen zusammen.

Bergisch Gladbach
- Jungen haben immer seltener männliche Vorbilder in der Familie. Und was im häuslichen Umfeld fehlt, setzt sich auch im Kindergarten und der Grundschule fort. Jungen benötigten aber begreifbare Vorbilder wie Väter, Onkel, Erzieher und Lehrer, die mit ihnen gemeinsam hinter die Fassade idealisierter Männlichkeitsbilder schauten. „Umso wichtiger ist die geschlechtsspezifische Jungenarbeit“, so der Diplom Sozialarbeiter Roberto Dassum. Zu diesem Zweck gründete sich vor einigen Jahren das Forum Jungenarbeit. Es setzt sich aus Mitarbeitern von Beratungseinrichtungen, Kindergärten, Schulen und anderen sozialen Einrichtungen zusammen. Doch nach dem Wegfall von RegioNet sei dieses Gremium weitgehend auf sich selbst gestellt, habe keine Lobby. Wir leben vom freiwilligen Engagement der etwa zwölf Mitarbeiter, berichtet Dassum.

Ohne personelle und finanzielle Unterstützung sei die Arbeit nur noch eingeschränkt zu leisten, wandte er sich jüngst auch mit der Bitte um Unterstützung an die Fraktionen im Stadtrat. „Wir haben keine Lobby, bedauerte Dassum. Stattdessen sehen man sich häufig dem Verdacht ausgesetzt, Jungen zu „verweiblichen“. In Wahrheit gehe es um die Erweiterung des Selbstbewusstseins von Jungen, sich selbst mit Stärken und Schwächen kennen zu lernen.

Immer mehr Jungen fielen durch massive Probleme in Elternhaus und Schule auf. „Das zeigt sich ganz deutlich in den Jugendberatungsstellen“, sagte Dassum. „Die meisten Schulschwänzer und Schulabbrecher sind Jungen, sie fallen häufiger durch Gewalt auf und sind überproportional in den Förderschulen vertreten. All das sind deutliche Zeichen für die Wichtigkeit geschlechtsspezifischer Arbeit.

Die geschlechtsspezifische Jungenarbeit sei keine Methode oder Technik, sondern eine Auseinandersetzung mit Jungen - eine Lebenseinstellung wie der Feminismus. Sie dürfe auch nicht als eine Art Feuerwehr missverstanden werden, sondern müsse mehr sein als Gewaltprävention und Kriminalitätsvorbeugung. Geschlechtsbezogene Jungenarbeit habe eine emanzipatorischen Ansatz, möchte heranwachsenden Männern Selbstvertrauen vermitteln und dadurch Gewalt verhindern.

Bisher werde ihre Arbeit im wesentlichen nur von der Initiative der Ordensträgerinnen im Rheinisch-Bergischen Kreis (IdO) unterstützt. Der Zusammenschluss von Frauen, die mit dem Bundesverdienstorden ausgezeichnet wurden, finanziere Fortbildungsangebote für Lehrer, Erzieher und andere Multiplikatoren. So hofft man, Inhalte zu transportieren und für das Thema zu sensibilisieren. Leider, so Dassum, zeigten sich die Schulen bisher wenig interessiert.

jube@netcologne.de

More Schools Trying Separation of the Sexes

[Washington Post, Sunday, June 15, 2008]

By Michael Alison Chandler and Maria Glod, Washington Post Staff Writers

Mrs. Demshur's class of second-grade girls sat in a tidy circle and took turns reading poems they had composed. "If I were a toucan, I'd tweet, I'd fly," began one girl. When she finished, the others clapped politely.

Down the hall, Mr. Reynolds's second-grade boys read poems aloud from desks facing every direction. A reading specialist walked around with a microphone. "If I were a snow leopard, I would hunt, I would run," began one boy. One classmate did a backbend over his chair as he read. Another crawled on the floor.

So went a language arts lesson at Washington Mill Elementary School last month, with boys in one room and girls in another. The Fairfax County school, in the academic year that is ending, joined a small but fast-growing movement toward single-sex public education. The approach is based on the much-debated yet increasingly popular notion that girls and boys are hard-wired to learn differently and that they will be more successful if classes are designed for their particular needs.

With encouragement from the federal government, single-sex classes that have long been a hallmark of private schools are multiplying in public schools in the Washington area and elsewhere. By next fall, about 500 public schools nationwide will offer single-sex classes, according to the National Association for Single Sex Public Education, based in Montgomery County. That's up from a handful a decade ago. The approach is especially attractive to some struggling schools in the market for low-cost reform.

The 2002 No Child Left Behind law cites single-gender classes as one "innovative" tool to boost achievement. But anti-discrimination laws banned widespread use of such classes, allowing them only in certain instances, such as sex education lessons. A change in federal regulations in 2006 gave schools more flexibility, allowing boys and girls to be separated as long as classes are voluntary and "substantially equal" coeducational classes are offered.

Several Washington area public schools have tried single-sex classes or plan to begin them. Woodbridge Middle School in Prince William County on Friday ended the first year of a two-year pilot program that offers single-sex instruction in core academic classes for some students. In Prince George's County, Drew-Freeman Middle School students will be split by gender for most classes starting in August. In the District, two new charter schools offering same-sex classes are set to open in August.

As the movement grows, so does debate over whether boys and girls really do learn better separately. Research remains slim on whether single-sex education boosts achievement in public schools. Most studies have examined private schools.

Proponents of same-sex schooling argue that girls and boys are too often shortchanged by coed classrooms and that students from lower-income families deserve access to learning environments once exclusive to private schools. Advocates also cite emerging research that indicates gender differences in brains and cognitive development.

"We as a nation do not understand gender difference and . . . regard it as politically incorrect to discuss it," said Leonard Sax, founder of the single-sex education association and author of "Why Gender Matters." As a result, he said, schools are not helping students reach their potential. "We are unintentionally pushing girls out of computer science, and pushing boys out of subjects" such as arts and languages. He contends that single-sex schooling can reverse the trend.

But many feminists and civil rights leaders cite a long history of separate and unequal education for girls, and argue that segregation will perpetuate damaging stereotypes. The American Civil Liberties Union and five Kentucky families with middle school students filed a lawsuit in May against the U.S. Department of Education and others alleging that the school's single-sex program violates federal anti-discrimination law and is unconstitutional.

"Single-sex education isn't the best preparation for a coeducational world," said Emily J. Martin, deputy director of the ACLU's Women's Rights Project.

Washington Mill Elementary Principal Lizette "Tish" Howard said uniform state standards and teacher quality requirements ensure parity for all classes. She said all-boys and all-girls classes could help remedy long-standing inequities she has observed in her career, such as overrepresentation of boys in special education.

Howard asked parents last year if they were interested in single-gender classrooms for core academic subjects. To her surprise, "I couldn't fill the classes fast enough," she said. She chose to start with sixth-graders because the adolescents were starting to "fall in love with each other" every spring, and second-graders because she wanted to follow their progress over time. Next school year, the initiative will expand to fifth- and third-graders.

To help teachers prepare for the new format, Howard bought them copies of "Boys and Girls Learn Differently!" by family therapist Michael Gurian. The book cites brain studies showing, among other things, that boys don't hear as well as girls and that girls are more sensitive to light. Boys often need to fidget and move to stay alert, Gurian writes, while girls are more likely to behave and pay attention. The book suggests teaching techniques to address such differences.

David Sadker, an American University professor and co-author of "Failing at Fairness: How Our Schools Cheat Girls," said Gurian's findings are "stereotypes of the first order" that will limit children's creativity and options.

But many teachers say the findings match what they see on a daily basis. More than 40,000 have received training from Gurian's Colorado-based institute in learning differences between boys and girls.

Teacher Jean Demshur sometimes dims the lights in her all-girls class, and she said she gives students frequent chances to work in pairs or groups to cater to their social strengths. The extra X chromosomes influence her classroom, with potted flowers on the windowsill, a closet full of pink backpacks and a notebook paper cut-out heart taped to a desk inscribed in pink Crayola script: "I like your hair."

Demshur said her students were more relaxed than in previous school years, and more likely to share opinions or volunteer for challenges. Rhys Spencer, 8, threw her hands in the air and exclaimed, "It's paradise!" to be with only girls.

Teacher Todd Reynolds tried giving boys hacky sacks to help them release energy and stimulate thinking. But after the room became "a popcorn popper," Reynolds said, he took them away. His room's sprawling seating arrangement gives boys space to move around. Reynolds said the layout occurred to him in part because the boys, exhibiting what's often considered a female trait, were "chitchatting" all day.

Reynolds said boys were more likely than in previous years to ask for help, and some often-shy students "seemed to shine." He said he's excited to see a contingent of boys excel at writing, sharing ideas and "feeding off each other."

The school has no test data yet by which to judge the experiment, but Howard noted that grades for children in same-sex classes improved in many subjects. A parent survey found that almost half the boys and almost two-thirds of the girls in the classes had better attitudes toward school.

Some schools have given single-gender classes a try without success. Twin Ridge Elementary School in Frederick County began offering all-boys classes in 2004 but phased them out last year because of lack of parent interest. Students in the school's all-boys classes did no better on tests than boys in coed classes.

Frances R. Spielhagen, an assistant professor of education at Mount Saint Mary College in New York who has studied same-sex classes at a public middle school for three years, said she found some gains for boys in language arts and for girls in math. But as the movement expands, Spielhagen said she is concerned about whether teachers thrust into the new programs will have more than a superficial understanding of how boys and girls are different.

"You can't simply separate kids by gender and think magic is going to happen," she said.

Alleinernährer ist überholt

Vortrag von Dr. Koch-Priewe zur Frage, ob Jungen in der Schule benachteiligt sind

[HNAonline, Samstag, 07.06.2008]


Von Gudrun Schankweiler-Ziermann

Rotenburg. Mehr als 60 Prozent der Abiturienten an der Jakob-Grimm-Schule (JGS) sind weiblich. An der Schule für Lernhilfe dreht sich der Anteil um: Hier sind 60 Prozent der Schülerschaft männlich. Sind Jungen in der Schule benachteiligt?, fragte deshalb der Schulelternbeirat der JGS und lud zu einem Vortrag mit Professorin Dr. Barbara Koch-Priewe (TU Dortmund) zum Schulversagen von Jungen in das Studienzentrum der Finanzverwaltung ein.

Der These, dass Jungen von Natur aus sind wie sie sind, widersprach die Referentin. Die Unterschiede innerhalb der Geschlechter seien wesentlich größer als die zwischen den Geschlechtern. Jungen würden zu Jungen, Mädchen zu Mädchen gemacht, und besonders in der Pubertät inszenierten sie ihre Geschlechterrolle selbst. Jedoch seien Rollenmuster wie die des körperlich starken Alleinernährers der Familie überholt, sagte Koch-Priewe.

"Der Konsum bestimmter aktivierender Medien wie aggressiver Spiele, kombiniert mit wenig Schlaf, beeinträchtigt die Gedächtnisleistung bezüglich des frisch Gelernten."

Barbara Koch-Priewe

Das Thema Jungen sei erst mit den Pisa-Studien aktuell geworden. Hier habe sich unter anderem die weitaus höhere Lesekompetenz der Mädchen gezeigt. Aber auch die sei keine biologische Tatsache, denn das sei nicht in allen Ländern der Fall.

Jungen seien keinesfalls dümmer als Mädchen, betonte die Professorin. Das zeigten Intelligenztests. Die Leistungsunterschiede seien in der Grundschule noch relativ gering und vor allem in der Sekundarstufe I zu beobachten. Allerdings schneiden die 15-jährigen Jungen in Englisch nicht schlechter ab als die Mädchen (DESI-Studien). In Mathematik und Naturwissenschaften seien Jungen genauso gut oder etwas besser. Dem Einfluss der Lehrer (etwa ungerechte Beurteilung) maß sie weniger Einfluss zu. Wichtiger seien Begabung sowie familiäres und soziales Umfeld.

Außerhalb der Schule spielt die Mediennutzung eine große Rolle. Die Ausstattung der Kinderzimmer sei diesbezüglich bei Jungen und Mädchen sehr unterschiedlich. Jungen verfügen über wesentlich mehr Medien wie TV, Computer, Spielkonsolen. Der Konsum bestimmter aktivierender Medien wie aggressiver Spiele, kombiniert mit wenig Schlaf, beeinträchtige die Gedächtnisleistung bezüglich des frisch Gelernten. Computersucht sei ein männliches Problem, meinte Koch-Priewe.

Nachweislich ist auch die Bereitschaft, sich in der Schule anzustrengen, bei Jungen wenig ausgeprägt (unter 50 Prozent).

Über Schule und Elternhaus hinaus sprach die Referentin weitere Einflüsse an. So habe sich gezeigt, dass strukturschwache Gebiete auf die Geschlechter eine unterschiedliche Wirkung hätten. Männliche Jugendliche reagierten stärker auf wirtschaftliche Probleme. Jungen brauchten offenbar stärker als Mädchen geeignete (männliche?) Vorbilder. Bei der Berufswahl relativieren sich die Geschlechtsunterschiede jedoch, betonte Koch-Priewe.

DIE MÄNNLICHKEITSLÜCKE

Das Weltbild rutscht: Frauen sind auf dem Vormarsch

[NewePresse, 30.05.2008]

Von Ralf Müller


Die Verwirrung wird langsam komplett: Sind die Jungen nun das starke oder das schwache Geschlecht? Werden die Mädchen weiter benachteiligt oder inzwischen sogar bevorzugt? Fest steht, das seit Jahrhunderten festgefügte Weltbild ist ins Rutschen gekommen. Jungen, behauptet der Coburger Buchautor und promovierte Germanist Andreas Gößling (50), „werden von unserem Betreuungs-, Erziehungs- und Bildungssystem benachteiligt“.

So provozierend sind die Thesen, die Gößling in seinem neuen Buch „Die Männlichkeits-Lücke“ aufstellt inzwischen gar nicht mehr. „Mädchen sind schon seit längerer Zeit die Leistungsträger“, bestätigte Bernhard Bueb, ehemaliger Leiter der Schule Schloss Salem und ebenfalls Buchautor, bei der Vorstellung der „Männlichkeitslücke“ in München. Die moderne Dienstleistungsgesellschaft brauche zudem eher die Eigenschaften, die Mädchen mitbringen. Das Karriere-Ideal sieht Bueb heute irgendwo „zwischen Typ Maggy Thatcher und Ursula von der Leyen“.

Die Zahlen scheinen eindeutig: Von 1970 bis 2001 ist der Anteil männlicher Schüler an den Gymnasien von 56 auf 46 Prozent abgestürzt während die Quote männlicher Hauptschüler von 51 auf 56 Prozent anstieg, hat Gößling recherchiert. 60 Prozent der Sitzenbleiber und 65 Prozent der Schulabbrecher sind männlich. 12,3 Prozent der männlichen Jugendlichen waren 2003 arbeitslos, aber nur 8,6 Prozent der weiblichen. Die „Jungenkrise“ drückt sich nach Ansicht Gößlings aber auch in einem fast hundertprozentigen Monopol der Jungen auf Gewalt aus. Jungen seien öfter krank und anfälliger für das Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom. Gößling benennt auch die Ursache: „Die Balance zwischen männlichen und weiblichen Elementen in Kultur und Bildungssystem ist in Schieflage geraten.“
Die Männer, waren sich die Experten bei der Präsentation der „Männlichkeitslücke“ einig, hätten sich weitgehend aus der Kindererziehung zurückgezogen. In der Regel ließen sie sich in der Familie kaum sehen, seien im Kindergarten und der Grundschule praktisch nicht existent und sogar in weiter führenden Schulen wie dem Gymnasium sei die weibliche Pädagogik auf dem Vormarsch. In Kindergärten, schildert Gößling in seinem Buch, stürzten sich die Jungen „wie Verhungernde“ auf jeden jungen Mann, der dort seinen Zivildienst ableistet, oder jeden Hausmeister, der etwas reparieren solle: Und sie reagieren tief enttäuscht, wenn die vermeintliche Lichtgestalt bald darauf wieder verschwindet“. Das durchschnittliche Maß an Zeit, das Väter ihren Söhnen widmeten, sei „erbärmlich“, stimmte Bueb zu. Eine feministische Verschwörung wollte Gößling hinter dieser Entwicklung nicht sehen. Das ändere nichts daran, dass das männliche Element in der Kindererziehung gestärkt werden müsse.

Männliche Schüler, behauptet Gößling, seien nicht nur im Schnitt schlechter als die weiblichen Altersgenossinnen, sie würden auch schlechter benotet. Zumindest dann, wenn sie von einer Lehrerin unterrichtet werden. Für diese Behauptung stützt sich der Autor unter anderem auf eine Grundschul-Lese-Untersuchung aus dem Jahr 2005, wonach Jungen in den vierten Klassen der Grundschulen bei gleicher Leistung in Deutsch und Sachkunde signifikant schlechtere Noten als Mädchen erhielten. In Brandenburg wurden Jungen bei gleicher Leistung um fast 20 Prozent schlechter eingestuft als Mädchen. Dort betrage der Anteil weiblicher Lehrkräfte 93,3 Prozent. In Baden-Württemberg, wo „nur“ zwei Drittel der Grundschullehrer Frauen sind, lägen die Jungen nur um 7,2 Prozent hinter den Mädchen zurück.

„Die Schule ist was für Mädchen“, zitiert Gößling in seinem Buch einen Schüler. Ex-Schuldirektor Bueb sieht das auch ein wenig so. Die deutsche Schule, sagte er, sei eine „Belehrungs- und keine Charakterschule“, was den Mädchen deutlich mehr entgegenkomme als den Jungen. In Deutschland habe man „nicht den Mut, die Schüler etwas erleben zu lassen“. Aber nur dadurch könnten sie ihr Selbstwertgefühl stärken, nicht mit einer „akademisierten Bildung“.

„Wenn wir es nicht bald schaffen, unseren Söhnen zu helfen, werden die damit verbundenen Probleme unser Sozialgefüge noch nachhaltiger erschüttern, als sie es ohnehin schon tun“, warnt Buchautor Gößling. Nicht alle freilich sehen die Folgen der „Männlichkeitslücke“ so dramatisch. „Seit eh' und je haben es die Jungen viel schwerer, erwachsen zu werden“, wehrte bei der Buchvorstellung die große alte Dame der Liberalen und Ex-Bildungspolitikerin Hildegard Hamm-Brücher dagegen, das Thema „zum Hauptthema der Bildungsmisere“ hochzustilisieren: „Ich sehe schon wieder 10 000 Talkshows kommen, die sich damit beschäftigen und nichts passiert“.

Das Forum Bildungspolitik in Bayern hat in einer Petition an den Bayerischen Landtag eine bessere Förderung der Jungen gefordert. In drei Jahrzehnten der Mädchenförderung habe sich gezeigt, dass Mädchen im Durchschnitt für den Ausbildungs- und Bildungsprozess besser geeignet seien als Jungen, sagte Forumssprecher Albin Dannhäuser. Für die Tätigkeit in allen Erzieher- und Lehrerberufen müssten mehr Männer gewonnen werden. Darüber hinaus müsse der phasenweise getrennte Unterricht für Jungen und Mädchen ausgebaut werden, so Dannhäuser. Spezifische Jungentexte dürften in Schulbüchern „nicht unterrepräsentiert“ sein.

Andreas Gößling: Die Männlichkeitslücke, Zabert Sandmann-Verlag,, 240 Seiten, 16,95 , ISBN: 978-3-89883-199-4.

Von Gößling sind unter anderem erschienen: „Faust, der Magier“, 2007, „Der Sohn des Alchimisten“, 2007, „Die Maya-Priesterin“, 2002

Medizin-Tests: Wissenschaftlerinnen für Koedukation, "aber manchmal hilft Trennung"

[dieStandard.at, 29. Mai 2008]


Brinek, Schroeder und Pellert: Genderthematik kaum in LehrerInnen-Ausbildung verankert - Auch positive Diskriminierung für Männer im Volksschulbereich denkbar


Wien - Keine einfachen und kurzfristigen Lösungen haben Wissenschafterinnen für das schlechtere Abschneiden von Frauen bei den Aufnahmetests für das Medizinstudium parat. Einigkeit herrschte zwischen der Bildungswissenschafterin und VP-Wissenschaftssprecherin Gertrude Brinek, der Molekularbiologin Renee Schroeder und der Weiterbildungsforscherin Ada Pellert bei einem Pressegespräch am Donnerstag in Wien aber, dass in der LehrerInnen-Aus- und -Weiterbildung angesetzt werden müsse. Einem Aufnahmeverfahren für angehende Lehramts-StudentInnen stehen alle drei positiv gegenüber, Bildungsstandards könnten die Situation ebenfalls verbessern.


Bildungsstandards auch in Österreich einführen


Für die Zulassung zum Medizin-Studium werden seit 2006 verschiedene Eignungstests eingesetzt. Bei allen Tests haben Frauen dabei schlechter abgeschnitten als Männer, besonders hoch waren die Unterschiede zwischen österreichischen Frauen und österreichischen Männern, bei den deutschen BewerberInnen waren die Differenzen wesentlich geringer bzw. sogar nicht mehr signifikant.

Schroeder vermutet die Gründe für das bessere Abschneiden deutscher Bewerberinnen darin, dass es in Österreich immer geheißen habe, dass "die Noten egal sind, Hauptsache man hat die Matura". Der Eignungstest für das Medizinstudium sei dann die erste kompetitive Prüfung, während es etwa in Deutschland schon in der Schule mit Blick auf den Numerus Clausus wettbewerbsorientierter zugeht. Bildungsstandards könnten nach Ansicht aller drei Wissenschafterinnen helfen, auch in Österreich früher eine Art Wettbewerb herzustellen.

Art des Unterrichts ändern


Die Trennung der naturwissenschaftlichen Fächer in Physik, Chemie und Biologie möchte Schroeder anfangs aufheben. Auch die Art des Unterrichts müsse verändert werden: Kinder hätten kaum mehr die Möglichkeit, eigenständig Fragen zu stellen und ihre Neugier auszuleben, weil diese "ständig mit Fakten neutralisiert" werde. Das "Schrecklichste" sind für sie "Lückentests" zum Einsetzen. In den USA sei dies anders: Dort würden die Kinder weniger Fakten lernen, sondern eher, wie man damit umgehe. LehrerInnen müssten daher wissen, wie man den Kindern das Fragen beibringe - "das ist absolut genderneutral".

Ja zur Koeduaktion, aber...

Ein Abgehen von der Koedukation kommt für Schroeder grundsätzlich nicht in Frage - "aber vielleicht braucht man Stunden, wo man unter sich sein kann". Auch Pellert meinte, dass "manchmal eine Trennung hilft". Brinek betonte, dass man von einer generellen Trennung der Geschlechter abgekommen sei, obwohl etwa die Selbstdarstellung vor dem anderen Geschlecht wegfalle. Allerdings müsse man ebenso aus einer "naiven Koedukation" herauskommen, die sich darauf beschränke, Burschen und Mädchen einfach nebeneinander zu setzen.

Kein Bewusstsein für Genderfragen

In der derzeitigen Lehrerausbildung sei die Genderthematik nach wie vor nicht ausreichend verankert, verwies Brinek auf eine bereits 2001 erschienene Studie von Erika Hasenhüttl. Demnach zeigten angehende LehrerInnen kein Bewusstsein für Genderfragen und durchwegs traditionelle Vorstellungen von Geschlechterrollen. Dies werde dann auch später in der Notengebung transportiert: Wenn - wie auch die Studie der Bildungspsychologin Christiane Spiel gezeigt habe - die Mädchen für die Reproduktion klassischer Geschlechterrollen belohnt würden, sei es auch kein Wunder, wenn sie diese Chance nützen.

Positive Diskriminierung

Brinek plädiert auch dafür, aufgrund der fast vollständigen weiblichen Dominanz im Volksschulbereich zugunsten der Männer positiv zu diskriminieren. Dies könne man zur Not auch verfassungsgesetzlich absichern. (APA)