[Rundschau Online, 07.07.10]
Das Dilemma ist seit gut drei Jahrzehnten zu beobachten: Im Kindergarten treffen Kinder vor allem auf Erzieherinnen. In der Grundschule haben sie es ganz überwiegend mit Lehrerinnen und nur in seltenen Ausnahmefällen mit männlichen Lehrern zu tun.
AGATHABERG - Das Dilemma ist seit gut drei Jahrzehnten zu beobachten: Im Kindergarten treffen Kinder vor allem auf Erzieherinnen. In der Grundschule haben sie es ganz überwiegend mit Lehrerinnen und nur in seltenen Ausnahmefällen mit männlichen Lehrern zu tun.
Was Jungs heute vor allem fehlt, sind männliche Identifikationsfiguren. Also startete die Katholische Grundschule Agathaberg im Februar in eigener Regie die Aktion „Mann werd Lehrer“ (die BLZ berichtete).
Mit Plakaten um Lehrer geworben
„Wir haben zwar nicht beim Wettbewerb des Ministeriums gewonnen, aber unsere Aktion ,Mann werd Lehrer war nicht umsonst. Immerhin haben wir nun zwei Praktikanten“, berichtet Stefan Wittkampf, Leiter der Agathaberger Grundschule.
„Wir haben selber mit großem Aufwand attraktive Werbeplakate gestaltet, die wir nicht nur in den Gymnasien von Wipperfürth und Lindlar, sondern auch im Wipperfürther Berufskolleg und in den Gesamtschulen von Marienheide und Kürten aufgehängt haben. Immerhin haben wir nun zwei Praktikanten gefunden.“
Dennis Dlugi, 18 Jahre, der das Berufskolleg in Wipperfürth besucht, und der Lindlarer Gymnasiast Julian Müller machen gerade ein zwei- bis dreiwöchiges Schulpraktikum an der Agathaberger Grundschule. Vor allem die Jungs in der Grundschule brauchen auch männliche Identifikationsfiguren. „Ich möchte zwar später wahrscheinlich nicht unbedingt Lehrer werden und in den Schuldienst gehen. Aber es macht mir unheimlich viel Spaß, den Kindern etwas beizubringen“, sagt Julian Müller. „Ich wollte als erstes an eine Lindlarer Grundschule. Doch das ging nicht. Dann erfuhr ich von der Grundschule Agathaberg“, berichtet er. „Es sind schon tolle Erfahrungen, die man hier macht. Mir gefällt am besten, dass ich mich hier selber wiedererkenne, wie ich in dem Alter der Grundschüler war“, meint Dennis Dlugi.
Zu tun gibt es für beide genug: Sie sind bei der Nachmittagsbetreuung aktiv, sie helfen den Kindern bei den Hausaufgaben. Sie helfen auch morgens im regulären Unterricht, sorgen für Ruhe, wenn die Lehrerin mal die Klasse verlässt. Sie helfen bei der Vorbereitung für ein Schulfest oder in der Theater-AG mit. Auch um die Technik kümmern sie sich. Sie schließen den Beamer an, schauen nach den Rechnern oder helfen in der Küche und beim Spülen.
Morgens treffen sich die beiden, planen den Tag und teilen die Aufgaben ein. Beide Praktikanten finden es gut, dass sie zu zweit an der Grundschule sind. „Da kann man Sachen besser absprechen und Erfahrungen austauschen“, sagt Julian Müller. Auch bei den Kindern kommen sie gut an: „Sie freuen sich und fragen, ob wir mit zum Fangen oder zum Fußballspielen kommen wollen.“